Berlin : Eine Mauer aus Licht
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Keine Grenze, sondern ein Mahnmal: die „Lichtgrenze“ Bild: dpa
Kurz vor dem Mauerfall-Jubiläum tauchen tausende weiße Ballons den früheren Mauerverlauf in ein glanzvolles Licht. Klaus Wowereit hat die Installation am Abend offiziell eröffnet. Am Sonntagabend werden die Ballons in den Himmel steigen.
Der einstige Todesstreifen leuchtet. Knapp 7000 Lichtkugeln erhellen seit dem Freitagabend in kilometerlanger Reihe den Abendhimmel über Berlin. Die Ballons - an drei Meter hohen Stelen befestigt - scheinen zu schweben, leicht schwingen sie hin und her. Berliner und Touristen sind am Freitagabend in Scharen unterwegs, um die symbolische Lichtgrenze in Augenschein zu nehmen. Dort, wo die Mauer einst Menschen trennte, spazieren sie nun friedlich. Die Lichterkette gehört zum Programm, das Berlin zum 25. Jahrestag des Mauerfalls erstellt hat.
Auf etwa 15 Kilometern ist die einstige Grenze als Lichtkette wiederzuerkennen - sie reicht von der Bornholmer Brücke, wo vor 25 Jahren unter dem Druck der Ost-Berliner zuerst der Schlagbaum hochgezogen wurde, über das Brandenburger Tor bis zur Oberbaumbrücke.
Am Sonntag sollen die Ballons aufsteigen
Als Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) die Installation offiziell eröffnet, sind auch frühere DDR-Bürgerrechtler dabei. Wowereit sagt, ihr Anteil an der friedlichen Revolution dürfe nicht vergessen werden. Dort, an der Marschallbrücke nahe dem Reichstag, spiegelt sich die leuchtende Linie in der Spree. Mehrere hundert Menschen sind zur Eröffnung gekommen.
Am Sonntagabend wird Wowereit, der sein Amt im Dezember aufgibt, bei einem Bürgerfest am Brandenburger Tor dann das Startzeichen zum Aufstieg der Ballons - und damit zur Auflösung der Lichtgrenze - geben: etwa zu der Uhrzeit, als vor 25 Jahren das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski seine berühmte Pressekonferenz gab. Einstige DDR-Bürgerrechtler, Friedensnobelpreisträger, Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Panikrocker Udo Lindenberg werden dabei sein, wenn die Kugeln mit persönlichen Botschaften und Wünschen in die Höhe steigen. Dazu wird die Staatskapelle unter Daniel Barenboim Beethovens „Ode an die Freude“ intonieren.
Nach Berlin gekommen ist auch der ehemalige sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow, der mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) einst den Wandel in Osteuropa und der DDR eingeleitet hatte. „Ich bin auch stolz darauf, dass ich ein bisschen etwas beigetragen habe dazu, dass wir heute so leben, wie wir leben“, sagte der 83-Jährige bei einem Besuch am früheren alliierten Grenzübergang Checkpoint Charlie.
Zahlreiche Programmpunkte zum Jubiläums-Wochenende
Mit einem groß angelegten Programm gehen am Wochenende die Feierlichkeiten weiter. Entlang der Lichtinstallation sind Führungen und Gespräche mit Zeitzeugen geplant. Die Kanzlerin spricht am Samstagabend ein Grußwort zu einem Konzert des einst von der DDR ausgebürgerten Liedermachers Wolf Biermann. Er hatte mit Attacken auf die Linkspartei bei einem Auftritt am Freitag im Bundestag für Aufsehen gesorgt.
Entlang der Kette stehen Infotafeln, an der Bornholmer Straße sind auf Videowänden Filme zum Mauerfall zu sehen. Überall werden Handys für ein Foto gezückt. Familien sind samt Fahrrad und Kinderanhänger unterwegs, Jogger laufen entlang der Lichtgrenze. Die East Side Galerie, das noch existierende Mauerstück an der Oberbaumbrücke, erscheint im besonderen Licht der Installation, die nicht überall exakt der ehemaligen Grenze folgt, sondern sich mancherorts dem heutigen Verkehr anpasst.