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Stilexpertin im Interview : „Im ersten Moment ist die Optik entscheidend“

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Bild: WALAStephanieSchweigert

Katharina Starlay ist Stilexpertin. Im Gespräch erzählt sie, was Stil überhaupt bedeutet und warum sich Berufseinsteiger unbedingt mit dem Thema beschäftigen sollten.

          3 Min.

          Frau Starlay, was bedeutet Stil?

          Stil ist die Fähigkeit, sich selbst und die eigene persönliche Entwicklung richtig einzuschätzen  und entsprechend aus dem Angebot der Mode das auszuwählen, was die Persönlichkeit unterstreicht. Stil ist aber auch untrennbar mit den Werten eines Menschen oder Unternehmens verbunden, die sich im Auftreten und Benehmen spiegeln – und im besten Fall als echt wahrgenommen werden. Integrität ist das Zauberwort.

          Warum ist das Äußere, die richtige Kleidung überhaupt so wichtig in der Berufswelt?

          Weil sich die Qualitäten eines Menschen in Bruchteilen von Sekunden über seine Erscheinung mitteilen – ohne dass überhaupt ein Wort gesprochen wurde. Kleidung ist wie eine Sprache. Es gibt einige Gegner dieses Ansatzes, die betonen, dass es doch auf die inneren Werte ankäme. Nur müssen diese überhaupt erst entdeckt werden, und dafür brauchen wir einen „Punkt der Aufmerksamkeit“, der die Türen öffnet. Im ersten Moment ist nun mal die Optik entscheidend: Denn was tun wir, wenn wir an einem sonnigen Tag in Straßencafé sitzen? Wir beobachten Menschen und bilden uns unbewusst oder bewusst eine Meinung. Äußerlichkeiten sind die wichtigste Nebensache im zwischenmenschlichen Kontakt.

          Aus welchem Grund sollten Berufseinsteiger stilvoll gekleidet sein?

          Für sie ist es besonders wichtig, früh die Weichen zu stellen, Wege zu betreten und Kontakte zu knüpfen, die zu ihnen passen. Das Resonanzprinzip bringt uns unweigerlich mit Firmen oder Menschen zusammen, die unserer Ausstrahlung entsprechen. Ein Beispiel: Eine casual-legere Persönlichkeit mit Kommunikationstalent braucht ein Umfeld, in dem sie diese Vorzüge entwickeln kann. Nur dann bringt sie dem Arbeitgeber etwas und hat die Chance auf Zufriedenheit im Beruf. Wenn diese Person aber im klassischen Banker-Outfit zum Bewerbungsgespräch geht, wird die falsche Botschaft gesendet. Ich bin überzeugt, dass die Stiltypenberatung in der Berufswahl und bei der Wahl des richtigen Umfelds eine wichtige Rolle spielen kann. Nicht alle Menschen taugen beispielsweise für das Konzernleben und passen besser in eine Umgebung mit flexibleren Strukturen und mehr Spielraum.

          Worauf sollten Berufseinsteiger bei der Kleidung achten?

          In jeder Firma gibt es einen Dresscode und ungeschriebene Regeln, mit denen man sich vertraut machen sollte. Dieser Dresscode gibt den Rahmenvor, den ich aber mit meiner Persönlichkeit füllen sollte. Wenn „Anzug“ die Norm ist, kommt es nicht gut, in Jeans und Sneakers zu erscheinen. Dann hat schon bei der Wahl des Arbeitgebers etwas nicht geklappt. Aber dieser Anzug kann klassisch, avantgardistisch, sportlich oder casual-leger sein – je nach Typ.

          Gibt es diesbezüglich Unterschiede zwischen Männern und Frauen?

          Nein, beide haben die Aufgabe, Augen und Ohren zu öffnen, um wahrzunehmen, was um sie herum geschieht. Frauen sind aber – mehr als Männer – den Verführungen der Mode ausgesetzt und müssen daher besser filtern. Sie haben zudem weniger Vorbilder, wie ein zeitgemäßer, „casualisierter“ Look geht. Aber auch in der Welt der Männermode verändert sich etwas: Auf den monochromen Manager-Anzug können sich Männer auch nicht mehr verlassen, und so gerät auch die Herrenwelt immer mehr in die Verlegenheit der angemessenen Kleiderwahl.

          Smart Business, Business oder Business Casual: Welche Anlässe fordern welches Auftreten?

          Es gibt einen Bezug zwischen Dresscode und dem Rahmen, in dem eine Veranstaltung stattfindet, der Location. Als Faustregel gilt: Je gehobener das Ambiente und je länger die Vorlaufzeit der Einladung, desto formeller sollte die Kleidung sein. Bei einer internationalen Konferenz ist das Setting doch ein ganz anderes als bei einem Meeting mit Kollegen. Viele tun sich bei „Business Casual“-Einladungen schwer und wissen dann nicht, was sie anziehen sollen. Wichtig ist, sich klarzumachen, dass man dann immer noch geschäftlich unterwegs ist. Der Chef beispielsweise bleibt der Chef – auch wenn er sich bei so einer Gelegenheit lässiger zeigt. Kleiner Tipp: mindestens ein Businessteil kombinieren. Zum Beispiel die Weste zur Jeans oder einen Businessrock zum Strick-Ensemble – und das Duz-Angebot unbedingt dem Chef zu überlassen.

          Was ist aus Ihrer Sicht die schlimmste Stilkatstrophe für junge Mitarbeiter?

          Eine Bühnenauftrittsmentalität. Damit verscherzt man sich schnell die Sympathien. Wie bei einem guten Verkaufsgespräch sollte man doch erst hören, was der andere braucht, bevor man mit Lösungen und Vorschlägen ins Haus fällt. Viele Menschen – auch die Älteren übrigens – haben verlernt zuzuhören.

          Das Interview führte Julia Hoscislawski.

          Katharina Starlay ist Modedesignerin, Imageberaterin und Mitglied im Deutschen Knigge-Rat. Ihre Bücher erscheinen im Frankfurter Allgemeine Buchverlag.

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