Verhandlungsgeschick : Erst der Kompromiß, dann die Konfrontation
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Bild: F.A.Z.-Tresckow
Kardinalfehler: Unbeherrschtheit. Wer für sich selbst bei Verhandlungen Vorteile herausschlagen möchte, sollte immer einen kühlen Kopf bewahren. Auch kleine Eitelkeiten sind hier fehl am Platz.
Keine Frage, Frederick Lanceley versteht sein Handwerk. Über einen seiner Verhandlungserfolge kann er immerhin berichten: "Ich habe die Herrschaften von 20 Millionen Dollar auf 84.000 Dollar heruntergehandelt." Gegenstand war hierbei allerdings nicht ein Kraftwerksneubau oder der Einkauf von Schrauben, sondern eine Lösegeldforderung in Südamerika. Lanceley stand zu diesem Zeitpunkt in Diensten des FBI.
Allerdings, so räumt der frühere Ausbilder der Bundespolizei für Verhandlungsführung ein, hatten die aus Lateinamerika stammenden Entführer angesichts eines Monatseinkommens von 70 Dollar keine konkrete Vorstellung davon, was der Betrag "20 Millionen Dollar" wirklich bedeutet. Das machte die Verhandlungen leicht.
„Mal sehen, was geht“
Das sind sie aber heutzutage gerade im Wirtschaftsleben fast nie. So stehen Einkäufer unter Druck, Konditionen zu drücken, während Verkäufer ebendies unbedingt verhindern müssen. Die Fähigkeit, Verhandlungen zielgerichtet zu führen, war niemals so wertvoll wie heute. "Leider beherrschen diese Fähigkeit in deutschen Unternehmen nicht viele", sagt Matthias Schranner, ehemals Verhandlungsführer der Polizei bei Geiselnahmen, Selbstmordversuchen und Banküberfällen und nun Management-Trainer.
Gerade Mittelständler verhandelten gerne "aus dem Bauch heraus", lassen sich also von ihrer Intuition leiten. "Mit diesem Ansatz treten sie dann einem Einkaufsprofi eines Großunternehmens gegenüber und wundern sich, warum die Verhandlungen für sie nicht gut laufen", sagt Schranner. Da sitzt der Unternehmer dann mit seinem an sich hervorragenden Produkt, und sein Gegenüber erklärt kühl: "Im Nebenzimmer habe ich jemanden, der macht das Ganze 20 Prozent billiger, ich komme in zwanzig Minuten wieder, vielleicht ist Ihnen bis dahin etwas eingefallen" und verläßt den Raum. Oft wüßten die Mittelständler nicht einmal genau, was sie in der Verhandlung überhaupt erreichen wollen. "Mal sehen, was geht' ist kein Ziel", sagt Schranner. Die möglichst genaue Formulierung eines angestrebten Resultats sei jedoch Grundvoraussetzung eines Verhandlungserfolgs.
Man trifft sich immer zweimal
Gleich, ob bei Verhandlungen mit Lieferanten, mit Dienstleistern oder um das eigene Gehalt - wer einige Grundregeln beherrscht, ist seinem Gegenüber stets eine Nasenlänge voraus. Dabei geht es viel um Psychologie, aber auch um vergleichsweise billige Tricks, wie sie sich teilweise schon eingebürgert haben. Zu diesen Tricks gehört beispielsweise, in den häufig langwierigen Verhandlungen mit Zulieferern keine Getränke und Speisen zu reichen oder die Raumtemperatur herabzusetzen. Oder die zielgerichtete Unverschämtheit, daß Verhandlungsführer unvermittelt aufstehen und den Raum verlassen, um erst eine halbe Stunde später ohne Erklärung zurückzukehren. Grundsätzlich abzulehnen seien derartige Kniffe nicht, sagt Schranner. „Man kann alles tun, was einem hilft, seine langfristigen Ziele zu erreichen.“
Gerade bei der Nachhaltigkeit der Zielerreichung hat Schranner bei solchen Methoden aber seine Zweifel. „Man trifft sich immer zweimal im Leben“, sagt auch Lutz Kaufmann, Professor an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Vallendar, der von derartigen Tricks wenig hält.
Nichts persönliches