Rügener Insel-Brauerei : „Wir sind der Winzer unter den Brauern“
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Der Saarländer Markus Berberich hat sich einen abgelegenen Ort ausgesucht, um seine Biere zu brauen. Nach dem Motto: Qualität funktioniert überall. Bild: Saskia Stöhr
Markus Berberich stellt teures Bier her, aufwendiger als andere – und dann noch auf Rügen. Aber es funktioniert. Sogar international.
Die dunkelbraunen Körner, die Markus Berberich herumreicht, schmecken ähnlich wie Kaffeebohnen. „Das hier ist geröstetes Malz“, sagt er. „Wenn das mit Hafermalz im Bier verbraut wird, schmeckt das wie eine Espresso-Schokoladencreme.“ Im Malzlager der Rügener Insel-Brauerei stapeln sich weiße Säcke mit weiteren Sorten – Gerstenmalz, Hafermalz oder karamellisiertes Roggenmalz, das im Bier nach Biskuit schmecken soll. Rund dreißig Malzsorten verwendet die Brauerei, hinzu kommen etwa ebenso viele Hopfensorten und rund sechzig verschiedene Hefen – zwei pro Biersorte. „Eine normale Brauerei hat eine oder vielleicht zwei Hefen“, sagt der Gründer der Brauerei. „Unser Klavier hat viel mehr Tasten.“
Zwanzig Biersorten entstehen so in der Brauerei in der kleinen Gemeinde Rambin auf Rügen. Hinzu kommen zehn anlassbezogene Stile, etwa Biere mit Schokolade rund um Weihnachten. Die verschiedenen Sorten fasst die Brauerei unter dem Begriff „seltene Biere“ zusammen: Darunter fallen Bierstile aus anderen Ländern, die hierzulande kaum bekannt sind, und selbst kreierte oder interpretierte Biersorten – vom traditionellen Farmarbeiter-Bier aus Belgien bis hin zu Bieren mit Kiefernnadeln oder Meersalz. Damit steche die Brauerei hervor, meint Berberich: „Wir haben eine eigene Warenkategorie gebildet und werden auch so wahrgenommen.“
„Das Bierbrauen wurde immer mehr rationalisiert“
Der Saarländer hat die Brauerei 2015 eröffnet, nachdem er 17 Jahre lang als Geschäftsführer der Brauerei Störtebeker im benachbarten Stralsund gearbeitet hatte. Damals sei Bewegung in den deutschen Biermarkt gekommen, wo die Preise im internationalen Vergleich besonders niedrig seien.
„Es gab international eine Bierrevolution, die in Deutschland nicht stattgefunden hat“, erinnert sich der 53-Jährige. In Ländern wie Dänemark, Italien oder den USA sei das Bedürfnis nach mehr Bier- und Geschmacksvielfalt aufgekommen. Viele Hobbybrauer eröffneten bald erfolgreiche Craft-Brauereien. „Irgendwann haben diese internationalen Marken nach Deutschland reingedrückt – zu neuen Preispunkten, die wir hier nicht kannten.“ Die neuen Stile seien auf kaufbereite Verbraucher gestoßen. „Das war der Zeitpunkt, als wir gesagt haben: Komm, wir machen das selbst.“
Damit hatte der Unternehmer Erfolg: Seit ihrer Eröffnung schreibt die Insel-Brauerei schwarze Zahlen, im Jahr 2021 setzte sie rund sieben Millionen Euro um. Inzwischen beschäftigt das Unternehmen rund 30 Mitarbeiter und verkauft etwa 3,5 bis 4 Millionen Flaschen Bier im Jahr. Auf dem Markt hebt sie sich auch mit einer aufwendigen Braumethode ab, die laut Berberich einzigartig ist. Entwickelt hat er sie gemeinsam mit zwei erfahrenen Braumeistern aus Belgien und den Vereinigten Staaten. „Das Bierbrauen wurde in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr rationalisiert, um die Bierherstellung günstiger zu machen und den Bierpreis niedrig zu halten“, sagt Berberich. Dadurch hätten sich die „Fernsehwerbungsbiere“ geschmacklich zunehmend angeglichen.
„Das Bier reift bei uns in der Flasche wie ein Champagner“
Berberich und seine Kollegen ließen sich von traditionellen Braumethoden inspirieren. Finanzielle Unterstützung erhielt er von zwei Mitgliedern der holländischen Brauerfamilie de Groen, die sich als Investoren beteiligten. „Wenn etwas vor fünfzig oder hundert Jahren das Bier geschmacksintensiv gemacht hat, dann haben wir das mit neuen Maschinen umgesetzt“, erzählt der Gründer und deutet auf die Anlagen, die von der Bar im Verkaufsraum aus gut zu sehen sind. „Normale Brauereien können das, was wir hier tun, verfahrenstechnisch gar nicht abbilden.“