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IT-Unternehmer im Gespräch : „Wir haben eine tief sitzende Digitalaversion“

Seriengründer: Stephan Noller am Sitz von Ubirch in Köln, wo er an datengetriebenen Geschäftsmodellen tüftelt Bild: Michael Braunschädel

Stephan Noller hat den digitalen Impfnachweis datensicher gemacht. Er glaubt an die Kunst der Verschlüsselung – aber Skepsis begleitet ihn.

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          Wer durch die Büroräume des Kölner IT-Unternehmens Ubirch im sogenannten Mediapark geht, stößt unweigerlich auf einen Raum, der nicht so recht ins Bild passen will. In einem ehemaligen Kopierraum hat sich Ubirch-Chef Stephan Noller ein kleines „Bastelzimmer“ eingerichtet, wie er es nennt. Ein Lötkolben und ein Mikro­skop stehen auf dem Tisch, in kleinen Schubladen liegen allerlei Schrauben und Elektronik. Manchmal, erzählt Noller, schraubt er hier drin an Sensoren, wenn er seinen Kopf freibekommen möchte. Noller, jung gebliebener Mittfünfziger im schwarzen Rollkragenpullover, bezeichnet sich als Technik- und Bastelnerd, und wer einen Blick in diesen Raum geworfen hat, glaubt ihm sofort.

          Maximilian Sachse
          Redakteur in der Wirtschaft

          Sein Naturell spiegelt sich auch an anderer Stelle. Eine beleuchtete Birke in seinem privaten Vorgarten zum Beispiel ist in der Nachbarschaft inzwischen eine kleine Berühmtheit. „Meine Frau hatte mir aufgetragen, mich um die Weihnachtsbeleuchtung zu kümmern“, erzählt Noller. Das allein war ihm aber zu langweilig, und deshalb verband er die Beleuchtung auch noch mit dem Internet und erstellte ihr ein Twitter-Profil, genannt „SterniBirke“. Immer wenn dieses Profil in Tweets erwähnt wird, geht die Sternenlichterkette entweder an oder aus. „Was man halt so macht“, sagt Noller und lacht. Diese SterniBirke war dann auch Namensgeber für Nollers damals neues Unternehmen: Ubirch, abgeleitet vom englischen Wort „Birch“ für Birke.

          Der leuchtende Baum ist ein Beispiel für Nollers Leidenschaft und die Technologie, mit der er Geld verdienen will: das sogenannte Internet der Dinge, also über das Internet vernetzte Gegenstände. Diese sind mit Chips, Sensoren, Datenspeichern oder Softwaresystemen ausgestattet, um Daten mit anderen Gegenständen austauschen zu können. Das Internet der Dinge gilt als wichtige Zukunftstechnologie für vollständig automatisierte Prozesse in Fabriken oder sogenannte digitale Zwillinge. Das sind virtuelle Ebenbilder beispielsweise von Maschinen oder ganzen Fabriken, die mithilfe von Sensoren alle ablaufenden Prozesse in Echtzeit simulieren. Dadurch soll etwa erkannt werden, wann Maschinen kaputtgehen werden, sodass sie schon vorher gewartet werden können. Das spart später teure Reparaturen.

          Hilfe für den Durchbruch

          Mit seinem im Jahr 2014 gegründeten Unternehmen Ubirch entwickelt Noller deshalb Verschlüsselungssysteme für das Internet der Dinge, um der Technologie in allen möglichen Anwendungsfeldern zum Durchbruch zu verhelfen. „Damit sich das Internet der Dinge durchsetzt, muss es sicher sein, sonst fehlt das Vertrauen“, sagt er.

          Die Vorzüge und Gefahren einer vernetzten Welt erläutert Noller an einem Beispiel: der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Jahr. „Da wurde viel zu spät gewarnt, weil die Daten zum Wasserstand in eine analoge Kette geflossen sind, wo Menschen entscheiden mussten.“ Vernetzte Sensoren hätten direkt eine Warnmeldung herausgeben oder Sirenen aktivieren können. „Statt vier Stunden bis zur Warnung hätten es auch vier Minuten sein können“, sagt er. Gleichzeitig berge die Vernetzung Gefahren. „Das Internet in die Dinge zu bringen macht vieles intelligenter“, sagt Noller. Aber es mache eben auch Hacker glücklich. Beispiel Hochwasser: „Wenn ein Wasserwerk, das ein Wasserausgleichsbecken steuert, gehackt wird, haben wir ein Problem.“

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