Studentenvertretungen : Geringes Interesse ermöglicht Finanzskandale
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Pinnwand vor dem AStA-Büro der Universität Frankfurt Bild: Kien Hoang Le
Die Probleme rund um Studentenvertretungen beschränken sich keinesfalls auf die Humboldt-Universität. Das ergaben Recherchen zur Kontrolle studentischer Vertretungsarbeit und zu Wahlbeteiligungen.
An den siebzig deutschen staatlichen Universitäten mit einer Verfassten Studentenschaft lag die studentische Wahlbeteiligung im Jahr 2019 bei knapp 14 Prozent. Das ergibt eine Auswertung von Miriam Lenz und Maria-Mercedes Hering für das gemeinnützige Recherchezentrum „Correctiv“. Die höchste Wahlbeteiligung habe es an der Universität zu Lübeck mit knapp 40 Prozent gegeben, die geringste an der Universität Ulm mit etwas mehr als 4 Prozent.
Zwanzig deutsche Universitäten erreichten nur eine einstellige Wahlbeteiligung. Dazu gehören neben Bochum, Bielefeld und Hannover auch die FU Berlin, die HU Berlin, Potsdam und verschiedene Technische Universitäten.
Eine solch umfassende Datenerhebung zur Beteiligung bei studentischen Wahlen gab es bislang nicht. Allgemein bekannt war jedoch, dass das Interesse der Studenten an ihren Vertretungen gering ist, obwohl die Studierendenschaften über die Nutzung von Pflichtbeiträgen entscheiden. Teilweise kommen dabei Millionenbeträge zusammen.
Fälschungen bei Hochschulwahlen keine Straftat?
Nicht alle studentischen Vertreter werden ihrer Verantwortung gerecht, schreibt „Correctiv“. So gebe es bei Einzelnen eine Veruntreuung von Geldern. Manche veranstalteten Großprojekte, die „zur finanziellen Katastrophe für die Studierendenschaft werden“. Andere sollen jahrelang Steuern hinterzogen haben. „Dass solche Missstände jahrelang nicht auffallen, liegt auch daran, dass Hochschulleitungen die studentischen Vertreterinnen weder beraten noch kontrollieren. Obwohl sie das sollten bzw. müssten“, schreiben die Autorinnen.
An den Universitäten Heidelberg und Bochum veruntreuten, nach den sich über einen Zeitraum von 15 Monaten erstreckenden Recherchen, einzelne Studenten in den vergangenen Jahren Gelder. Ein ehemaliger Finanzreferent der Technischen Hochschule Mittelhessen täuschte 2015 einen Raubüberfall vor, um zu vertuschen, dass er knapp 75.000 Euro aus den Geldern der Studierendenschaft veruntreut hatte. „Dass Finanzskandale lange Zeit nicht auffallen, liegt auch an der intransparenten Arbeitsweise mancher Studierendenschaften“, heißt es bei Lenz und Hering.
Lenz und Hering berichten, dass es an der Universität Wuppertal 2017 zu Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen kam. Es wurden vermutlich knapp 250 Wahlzettel gefälscht, was gut 16 Prozent der abgegebenen Stimmzettel entsprach. Der AStA erstattete Anzeige, die Staatsanwaltschaft ermittelte. Am Ende stellte sie ihre Ermittlungen aber ein, weil das Fälschen von Hochschulwahlen ihrer Ansicht nach keine Straftat ist.