Sicherheit : Dienstreise hinter Panzerglas
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Geänderte Sicherheitslage: Erzürnte Massen in Pakistan nach der Veröffentlichung des Mohammed-Videos. Bild: AFP
Wenn Mitarbeiter in Krisengebiete fliegen, ist es mit dem Kauf eines Flugtickets nicht getan. Die Sicherheitslage spielt in mehreren Ländern eine große Rolle. Unternehmen sollten auf den Ernstfall vorbereitet sein.
Ein Video erzürnt die muslimische Welt - und in deutschen Unternehmen rotieren die Personalverantwortlichen. Eskaliert die Situation, sind Menschenleben in Gefahr? Die internationale Sicherheitslage kann sie nicht kaltlassen, schließlich sind die Mitarbeiter deutscher Unternehmen auf der ganzen Welt im Einsatz. Nicht nur, um Frieden zu sichern, Aufbauarbeit zu leisten oder Hilfsgüter zu verteilen. Auch in Krisenregionen machen Unternehmen Geschäfte. Dazu müssen sie Mitarbeiter entsenden oder zumindest für kurze Dienstreisen vorbeischicken.
Aufstände oder kriegsähnliche Zustände sind nicht die einzigen Gefahrenherde, auch eine hohe Kriminalität wie in Afrika oder Südamerika bringen Beschäftigte in Gefahr. Außerdem ist nichts so gefährlich wie das Leben selbst. „Das Unkalkulierbarste an Auslandsreisen sind Autounfälle“, berichtet Stephan Gabriel, Sicherheitsmanager des Reisesicherheitsdienstleisters International SOS. „Überfälle, Diebstähle, Entführungen - diese Risiken lassen sich durch Vorbereitung und Trainings minimieren“, sagt er. Aber der Straßenverkehr in einem fremden Land bewegt sich außerhalb jeder Kontrolle. Nicht selten schwanken Beschäftigte nach einem langen Flug in der Economy Class übermüdet in den Mietwagen und setzen ihn bei nächster Gelegenheit an eine fremde Stoßstange.
„Fürsorgepflichten des Arbeitgebers“
Vorsorge treffen, Risiko minimieren, das alles fällt unter die „Fürsorgepflichten des Arbeitgebers“, wie Arbeitsrechtler das nennen. Sie umfassen alles, was für den Schutz des Arbeitnehmers notwendig ist und für die von ihm in den Betrieb eingebrachten Sachen. Für die Konzerne gehört die Entsendung von Mitarbeitern - sei es auf eine kurze Dienstreise, sei es für einen jahrelangen Auslandsaufenthalt - zum Tagesgeschäft. Dort gibt es ganze Abteilungen, die sich nur um die Belange dieser Mitarbeiter kümmern. Medizinische Untersuchungen, Vorbereitungsgespräche, Einreise, steuerliche Fragen, Sicherheitsvorkehrungen, Kommunikation, Logistik und später die Wiedereingliederung in den Betrieb - die To-do-Liste bei Entsendungen ist lang.
Aber nicht überall haben sich diese umfassenden Pflichten schon rumgesprochen. „Besonders mittelständische Unternehmen sind sich ihrer Aufgabe und der juristischen Risiken oft nicht bewusst“, sagt Veit Voßberg, Arbeitsrechtler der internationalen Wirtschaftskanzlei Salans. Und Dominik Schaerer, General Manager von SOS, ergänzt: „In vielen Situationen fehlt das Verständnis dafür, wie weit die Rolle des Arbeitgebers geht.“ Eine Befragung von International SOS unter mehr als 700 Mitarbeitern weltweit scheint zudem ein altes Vorurteil zu belegen: Deutsche Unternehmen sind ganz vorn mit dabei, wenn es darum geht, Richtlinien für den Ernstfall auszuarbeiten - bei handfesten Vorbereitungen der Reisenden hapert es jedoch noch etwas. „Den Unternehmen fehlt ein Konzept, das über die Richtlinien hinausgeht“, sagt Schaerer. Besonders die Personalabteilungen sollten enger in die Planung eingebunden werden, zu oft blieben sie noch außen vor.
Gepackte Tasche neben dem Bett
Standardisierte Abläufe und Vorsichtsmaßnahmen sind essentiell, die gepackte Tasche neben dem Bett und der gepanzerte Dienstwagen gehören je nach Gefährdungslage zum Standardprogramm. Doch müssen Unternehmen im Ernstfall flexibel reagieren. Wenn - wie im Fall des Mohammed-Videos - ein Funke überspringt, der den Volkszorn vor Ort zum Lodern bringt, muss es schnell gehen. Dann laufen bei Dienstleistern wie International SOS die Drähte heiß, die Firmen wollen wissen, was sie zu tun haben.