Wir wollen's wissen (2) : Ein teures Gut
- -Aktualisiert am
Wer hat den Nutzen, wer trägt die Kosten? Bild: Fotolia
Nicht immer sind Arbeitgeber Feuer und Flamme für die Fortbildungspläne ihrer Beschäftigten. Das Arbeitsrecht klärt, was sie erlauben und bezahlen müssen.
Bildung ist nicht umsonst, und sie ist vor allem nicht gratis. Die Frage, ob sich seine Mitarbeiter kontinuierlich weiterbilden sollten, würde wohl jeder Arbeitgeber mit Ja beantworten. Aber wer für die Kosten aufkommen soll, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Die Kostenfrage stellt sich nicht nur, wenn es um die Gebühren für ein berufsbegleitendes Studium, für einen Sprachkurs, eine Computerschulung oder eine Ausbildung zum Projektmanager geht. Schon der Arbeitsausfall, also die Tatsache, dass der Mitarbeiter während seiner Fortbildung nicht an seinem Schreibtisch sitzt, macht nach Auskunft des Berufsverbands betriebliche Weiterbildung für Arbeitgeber einen Großteil der Weiterbildungskosten aus. Dazu kommen die Kosten für den Aufwand der Personalabteilung und die Organisation einer Vertretung.
Betrieblich oder beruflich?
Kein Wunder also, dass Weiterbildung ein Thema für Juristen ist. Sie klären, ob und wie lange ein Arbeitnehmer sich auf Kosten seines Arbeitgebers fortbilden darf oder gar muss – und ob ein möglicher Vertrag die Kosten fair verteilt hat. Relativ unproblematisch ist die Lage, falls der Arbeitgeber selbst neue Methoden, Computerprogramme oder Maschinen einführt. Dann gebietet schon seine Fürsorgepflicht, die Angestellten auf eigene Kosten zu schulen. Umgekehrt erlaubt ihm sein Direktionsrecht, die Mitarbeiter zur Schulung zu verdonnern – und sie dann auch notfalls abzumahnen, wenn sie sich beharrlich weigern, daran teilzunehmen. Von dieser sogenannten betrieblichen Weiterbildung ist die berufliche Weiterbildung zu trennen. Hier lernt der Arbeitnehmer zwar nicht nur fürs Leben, sondern auch für seine berufliche Tätigkeit. Doch ob er dafür Urlaub bekommt oder der Arbeitgeber gar die Kosten übernimmt, ist nicht so leicht zu beantworten.
Ob ein Recht auf Weiterbildung besteht, ergibt sich oft schon aus den jeweiligen Arbeitsverträgen oder den einschlägigen Tarifverträgen der Branche. Falls sie keine Antwort geben, hilft ein Blick in die Berufsbildungsgesetze, die alle Bundesländer bis auf Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und Thüringen erlassen haben. Je nach Bundesland stehen den Arbeitnehmern danach bis zu zehn Tage bezahlter Bildungsurlaub zu. Ob der Arbeitgeber diese „Bildungsfreistellung“ – so lässt sich das Wort Urlaub vermeiden – gewähren muss, hängt zunächst davon ab, ob der Anbieter oder das Programm behördlich anerkannt ist. Außerdem muss der Mitarbeiter die dort gewonnenen Kenntnisse in seinem Beruf verwenden können. Dies müssen Arbeitnehmer beweisen, falls die Streitfrage bis vor Gericht geht.
Spanischkurs ja, Website-Gestaltung nein
Die Gerichte zeigen sich aber in dieser Frage großzügig. Sie verlangen nicht, dass die Arbeitnehmer ihr neu gewonnenes Wissen unbedingt in ihrem konkreten Aufgabengebiet im Büro verwenden können. Es reicht aus, dass sie es überhaupt für ihren Beruf nutzen können. Zum Beispiel gab das Bundesarbeitsgericht einer Journalistin recht, die von ihrem Arbeitgeber für einen Spanisch-Intensivkurs freigestellt werden wollte. Zwar konnte sie Spanisch in ihrem aktuellen Job nicht nutzen. Doch nach Ansicht der Richter reichte es aus, dass das Wissen im weitesten Sinne für den Arbeitgeber von Vorteil ist. Das sei hier der Fall: In der Stadt fänden oft Kulturveranstaltungen statt, an denen sich auch Spanier beteiligten. Dagegen entschied das Arbeitsgericht Frankfurt im Jahr 2003, dass ein Elektroniker der Stadtwerke nicht verlangen könne, dass sein Arbeitgeber einen Volkshochschulkurs „Website-Gestaltung im Internet“ finanziert (Az. 4 Ca 1471/03). Manche Landesgesetze ermöglichen sogar eine Auszeit für die politische Fortbildung. In Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gilt selbst die Teilnahme am Evangelischen Kirchentag als Bildungsurlaub.