Junge Anwälte und Richter : Juristen, erobert die Welt!
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Ein bisschen Spaß muss sein: Strafprozessordnung, Strafgesetzbuch und Co bedeuten schließlich schon genug Arbeit. Bild: dpa
Was können junge Rechtswissenschaftler vom Berufsleben erwarten? „Alte Hasen“ geben Ratschläge - und überraschende Einblicke in den Beruf.
Nur selten im Gerichtssaal
Die öffentliche Hauptverhandlung ist für den Mandanten das Desaster schlechthin. Dies gilt erst recht für medienwirksame Verfahren, die immer wieder zu gehässiger Berichterstattung führen und für den Mandanten und seine Familie katastrophale Auswirkungen haben. Daher gilt es in aller Regel, eine Anklageerhebung fast „um jeden Preis“ zu vermeiden. Dies führt nicht nur dazu, dass eine Vielzahl von spannenden und wichtigen Rechtsfragen von der Rechtsprechung unbeantwortet bleibt, sondern auch dazu, dass es mitunter Jahre gibt, in denen die Robe im Schrank bleibt. Die Verteidigung in Wirtschaftsstrafsachen findet nur selten im Gerichtssaal statt.“
Hanns W. Feigen ist Strafverteidiger in Frankfurt. Derzeit vertritt er etwa den Ko-Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, und den früheren Porsche-Vorstandsvorsitzenden Wendelin Wiedeking. Zu seinen früheren Mandanten gehörten der Fußballmanager Ulrich Hoeneß und der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel.
Sie werden gefragt sein!
Hinterlassen Sie niemals und nirgendwo verbrannte Erde. Auch wenn Sie einen kurzfristigen Erfolg erzielen mögen, wird es sich langfristig nicht auszahlen. Seien Sie nicht laut und aggressiv, wenn Sie die Interessen Ihrer Mandanten vertreten. Versuchen Sie nicht, Ihren Gegner mit unfairen Mitteln aufs Kreuz zu legen. Versuchen Sie viel eher, bei Vertragsverhandlungen Lösungen zu finden, mit denen beide Seiten gut leben können. Versuchen Sie, herauszufinden, was den Beteiligten wirklich wichtig ist: Meistens ist es nicht das Geld, auch wenn das auf den ersten Blick so aussehen mag.
Als gut ausgebildete Juristin mit einer überzeugenden Persönlichkeit, mit Humor, Verhandlungsgeschick und guten Verbindungen werden Sie gefragt sein. Sie können es sich deshalb leisten, auch mal Auszeiten zu nehmen. Pflegen Sie Ihre Hobbys, musizieren Sie, treiben Sie Sport. Kümmern Sie sich um ein Sozialleben außerhalb der Kanzlei oder Ihres Unternehmens. Lesen Sie nicht nur den Wirtschaftsteil der Zeitung, sondern auch das Feuilleton.
Barbara Mayer ist Geschäftsführende Partnerin der Sozietät Friedrich Graf von Westphalen & Partner. Sie engagiert sich in diversen Anwaltsorganisationen.
Man muss brennen.
Wenn man sich für einen juristischen Beruf entscheidet, gilt: Es muss schon sehr viel Spaß machen. Machen Sie sich nichts vor: Ohne einen ganz erheblichen zeitlichen Einsatz kommt man als Jurist nicht weit. Und zwar ganz unabhängig vom Einkommen. Fast alle Juristen, die ich kenne, haben einen langen Arbeitstag - und zwar egal, ob sie als Unternehmensjurist, selbständiger Einzelanwalt, Associate oder Partner einer größeren Sozietät, als Richter, Staatsanwalt oder Verwaltungsjurist arbeiten. Daher sollte man unbedingt darauf achten, dass die konkrete Tätigkeit einen erfüllt. Man braucht Passion und Leidenschaft. Man muss brennen, um seine Arbeit gut zu machen! Oder anders ausgedrückt: Wenn man schon zehn, zwölf, vierzehn Stunden am Tag arbeitet, sollte einem die Arbeit wirklich mehr geben, als bloß den Lebensunterhalt und die Miete zu sichern.
Arnd Haller ist Chefjustitiar von Google für Deutschland und etliche weitere Länder Europas. Als Syndikusanwalt ist er Mitglied der Geschäftsleitung und zudem Jugendschutzbeauftragter des Suchmaschinenbetreibers.
Immer wieder neu orientieren.
Die wenigsten Juristen entwickeln sich vom ersten Berufstag an zu einem Spezialisten für ein ganz bestimmtes Feld. Die meisten von uns müssen oder wollen sich immer wieder neu orientieren. Viele juristische Berufe sind geradezu darauf ausgelegt, von hochqualifizierten Generalisten gemeistert zu werden, die in der Lage sind, aufgrund ihrer juristischen Allgemeinbildung konstruktive Lösungen für immer wieder neue Aufgaben und Probleme zu finden. Wenn Sie sich heute im Studium den Kopf zerbrechen über scheinbar abwegige Fallkonstruktionen oder in die Tiefe der Nebengesetze vordringen - denken Sie immer daran, dass Sie gerade dabei sind, eine allgemeine juristische Denk- und Arbeitsweise zu verinnerlichen, die die Grundlage ihres weiteren Berufslebens sein wird. Ganz egal, in welche Richtung Sie weitergehen.
Andreas Mundt ist Präsident des Bundeskartellamts. Zuvor arbeitete er im Bundeswirtschaftsministerium und für die FDP-Bundestagfraktion.
Nur zur Tarnung Jura studiert.
Juristen benutzen das Wort „Kollege“ untereinander wie einen offiziellen Titel. Der Begriff betont die Zugehörigkeit zu einer Bruderschaft, die sie von den sogenannten „Nichtjuristen“ unterscheidet. Diesen, den Nichtjuristen, ist in den meisten Fällen überhaupt nicht bewusst, dass ihre Existenz im Wesentlichen durch die disqualifizierende Abwesenheit einer Eigenschaft bestimmt wird, während den Kollegen - zumindest bis zum Beweis des Gegenteils - ein besseres Weltverständnis zugetraut wird. Ich fand es einerseits durchaus schmeichelhaft, diesem Kreis zuzugehören; fühlte andererseits aber auch immer ein gewisses Unbehagen, weil ich den meisten Kollegen unterstelle, dass sie nie etwas anders werden wollten. Mein Fall hingegen verhält sich etwas anders: Mein Jurastudium hatte ich zunächst nur zur Tarnung aufgenommen.
Georg M. Oswald ist Schriftsteller und war Autor der Kolumne „Wie war Dein Tag, Schatz?“ für die F.A.Z.. Zugleich leitet er den Berlin Verlag und ist Mitglied des deutschen PEN-Zentrums sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.