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Integrationsbetriebe : Mehr Arbeit für Behinderte

Möglichst nah am regulären Arbeitsmarkt sollen Menschen mit Behinderung nach dem Willen der Koalition arbeiten. Bild: dpa

Menschen mit Behinderung finden oft schwer eine Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt. Doch auch in Behindertenwerkstätten sind sie häufig nicht glücklich. Jetzt versucht die Koalition, eine Art Mittelweg zu stärken.

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          Für Menschen mit Behinderung gibt es mehrere Wege, auch bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit berufstätig zu sein. Die sogenannten Integrationsbetriebe bieten eine Art Mittelweg zwischen betreutem Arbeiten in der Behindertenwerkstatt und dem regulären Arbeitsmarkt, spielen aber bisher eine eher kleine Rolle. Das soll sich nach dem Willen der großen Koalition ändern: Sie will das Angebot solcher geförderten Arbeitsplätze bis 2017 mit einem Sonderprogramm von 50 Millionen Euro im Jahr deutlich steigern. Geht es nach dem Beauftragten der Unionsfraktion für Behindertenpolitik, dem Sozialpolitiker Uwe Schummer (CDU), wird sich die Zahl der Integrationsbetriebe sogar bald auf insgesamt 1600 verdoppeln.

          Dietrich Creutzburg
          Wirtschaftskorrespondent in Berlin.

          Im Grundsatz könne jedes private Unternehmen eine Integrationsabteilung im Sinne des Gesetzes einrichten und damit die dafür vorgesehenen Fördergelder erhalten, erläuterte Schummer. Die Eckpunkte des neuen Programms haben die Fraktionen von Union und SPD vereinbart und wollen diese im September im Bundestag beschließen. Die Mittel dafür kommen aus den vom Bund verwalteten Anteilen an jener Schwerbehindertenabgabe, die Firmen zahlen müssen, wenn sie weniger als 5 Prozent ihrer Stellen mit Behinderten besetzen. Insgesamt sammelt der Sozialstaat damit rund 500 Millionen Euro im Jahr ein, über die dann Arbeitsförderung für Behinderte finanziert wird.

          Den Status eines Integrationsbetriebs können Firmen bekommen, in denen zwischen 25 und 50 Prozent der Beschäftigten Schwerbehinderte sind. Sie erhalten für diese Beschäftigten dann eine Förderung aus der Abgabe, bewegen sich davon abgesehen aber wie normale Unternehmen am Markt. Derzeit arbeiten gut 10.000 Schwerbehinderte und insgesamt etwa 22.500 Menschen in solchen Integrationsbetrieben, die etwa im Gartenbau, in der Gastronomie, im Handel oder im Handwerk tätig sind. Demgegenüber sind 300.000 Menschen mit vorwiegend deutlich stärker eingeschränkter Leistungsfähigkeit in Behindertenwerkstätten tätig. Deren Hauptzweck ist es, eine geschützte Umgebung für ein betreutes Arbeiten zu bieten.

          Arbeit dicht am regulären Arbeitsmarkt

          Ein späterer Wechsel in reguläre Arbeit gelingt in der Praxis weniger als einem Prozent der Beschäftigten aus Behindertenwerkstätten. Die geplante Stärkung der Integrationsbetriebe soll mehr Betroffenen eine Arbeit dicht am regulären Arbeitsmarkt ermöglichen. Weitere 1,3 Millionen von insgesamt 7,5 Millionen anerkannt Schwerbehinderten sind heute schon im regulären Arbeitsmarkt beschäftigt. Unternehmen, die weniger als die vorgegebenen 5 Prozent ihrer Stellen mit Schwerbehinderten besetzen, müssen zwischen 105 und 260 Euro je Monat und Arbeitsplatz bezahlen.

          Derzeit fließen aus der Abgabe insgesamt 70 Millionen Euro an bestehende Integrationsbetriebe. Sie fließen großteils über die regionalen Integrationsämter der Länder und Kommunen; diese verwalten 80 Prozent der Abgabe. Der Rest fließt in einen Bundesfonds - der offenbar nicht immer genügend förderfähige Projekte findet. Die 50 Millionen Euro für das Sonderprogramm sind „vorhanden“, wie es im Beschlussantrag der Koalitionsfraktionen heißt.

          Eine Erhöhung der Abgabe sei dafür nicht nötig, bestätigte auch Schummer. Über eine Erhöhung werde aber in anderem Zusammenhang diskutiert: mit dem geplanten Bundesteilhabegesetz, das die Sozialhilfe für Behinderte verbessern soll. Da das Programm für die Integrationsbetriebe einem überregionalen Zweck dienen muss, sind die insgesamt 150 Millionen Euro bis 2017 allerdings als „Anschubfinanzierung“ ausgelegt.

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