Kolumne „Nine to five“ : Wer hat hier ein Problem?
- -Aktualisiert am
Bild: FAZ
Kollegin K. sieht schlecht aus. Aufgedunsen, ein grünlicher Fleck im Gesicht und neulich sah man sie in der Damentoilette ein Fläschchen in der Tasche verschwinden lassen. Die Gerüchteküche brodelt.
Die K. sieht in letzter Zeit komisch aus. Die hatte zwar schon immer rundliche Wangen, aber jetzt hat sie richtige Hamsterbacken und ist aufgedunsen. Zumindest im Gesicht!
Ist mir auch aufgefallen. Sonst labert die einem ein Ohr ab, neulich auf dem Flur grüßt die nur knapp und läuft mit gesenktem Kopf vorbei.
Corona-Kilos oder Ärger mit der Chefin?
Nicht dass ich wüsste. Aber die eine Gesichtshälfte schimmert grünlich. Habe ich genau gesehen, unter ihrem fleckigen Make-up. Sofort hat die ihre Maske noch weiter runtergezogen.
Oh Gott. Häusliche Gewalt?
Keine Ahnung. Irgendwas stimmt mit der nicht. Ich habe ja einen anderen Verdacht. Ist doch kein Zufall, dass die beim Umtrunk zu Ralfs Vierzigstem nicht mal am Sekt nippt.
Denkst du, was ich denke?
Zwei Tage später.
Mensch, tut die mir leid. Ich habe sie zum dritten Mal ertappt: Wie Falschgeld stand die am Waschbecken, hat ein Fläschchen verschwinden lassen und ist hektisch abgerauscht.
Also ein Alkoholproblem!?
Hat sie definitiv! Der ist durch Corona wohl alles über den Kopf gewachsen. Ich höre mich mal um. Sagen wir es der Chefin oder wenden wir uns an den Suchtmenschen im Betriebsrat?
Immer langsam. Erst mal rede ich direkt mit ihr, ob sie Probleme hat.
Am Tag danach.
Und ob die ein Problem hat. Eine Zahnoperation! Die muss eine medizinische Mundspüllösung benutzen. Hat mich ausgelacht, gehöhnt, manche hätten noch Weisheitszähne, aber keine Weisheit. „Miss Marple der Gerüchteküche“ hat sie mich genannt. Hab ich mir wohl verdient.
In der Kolumne „Nine to five“ schreiben wechselnde Autoren über Kuriositäten aus dem Alltag in Büro und Hochschule