Kolumne „Nine to five“ : Die lieben Frollegen
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Spaß mit den Kollegen erhöht das Wohlbefinden - manchmal vielleicht sogar mehr, als Freizeit mit der Familie? Bild: Wohlfahrt, Rainer
Bleibt Blut dicker als Wasser? Denn für viele Arbeitnehmer scheinen die Kollegen wichtiger für das private Wohlbefinden zu werden als die Familie. Echt jetzt?
Wer bei Facebook, Twitter & Co. eine Verflachung der menschlichen Kontakte vermutet, irrt gewaltig. Immerhin offenbart eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern des beruflichen Netzwerks Linked-In, welche Faktoren die Zufriedenheit von Mitarbeitern bestimmen: Danach ist fast jeder zweite davon überzeugt, dass menschliche Nähe unter Kollegen nicht nur im Büro motiviert, sondern auch noch das allgemeine Glücksgefühl in der Freizeit steigert.

Redakteur in der Wirtschaft.
Die Verbindung zwischen Privatsphäre und Beruf wird von der Wissenschaft regelmäßig durchleuchtet. So können etwa Forscher an der amerikanischen Stanford-Universität belegen, dass Kollegen, die sich mögen und bei der Arbeit gegenseitig unterstützen, sehr viel produktiver sind als Sozialmuffel, die sich nur auf die Erledigung ihrer Arbeit und die Abwehr von Intrigen beschränken. Dass Arbeit in einem freundlich gesinnten Umfeld zu Höchstleistungen anspornt, hat unsere Nationalmannschaft in Brasilien eindrucksvoll belegt. Doch die alte Weisheit von Sepp Herberger, wonach nur elf Freunde solche Erfolge garantieren, ist im Profisport und im normalen Büroalltag längst überholt.
Der richtige Mix aus Freunden und Kollegen - neudeutsch „Frollegen“ - kann ein Treibsatz für die Karriere sein. Dabei kommt hinzu, dass bei den Nutzern von sozialen Netzwerken die strikte Trennung zwischen beruflicher und privater Sphäre kaum mehr existiert. Forscher entwickelten daraus eine Faustformel: Wer sich für menschliche Facetten seiner Kollegen aufrichtig interessiert, ohne dabei auf den Status einer „Betriebsnudel“ abzugleiten, erhöht die Chancen für sein berufliches Fortkommen um 40 Prozent.
Freundschaften am Arbeitsplatz passen zum modernen Berufsbild. Das entspricht auch dem Umbruch im übrigen gesellschaftlichen Umfeld: „Wir sind mobiler denn je, wechseln Wohnorte, Arbeitsplätze oder Lebenspartner“, wie Autorin Susanne Lang in ihrem Buch „Ziemlich feste Freunde“ treffend beschreibt. Danach müsste in einer Zeit, in der zunehmend Patchwork-Eltern oder nichteheliche Lebensformen die familiäre Sphäre bestimmen, wohl die Gültigkeit des Sprichworts überdacht werden, wonach „Blut immer dicker als Wasser“ ist.