
Kolumne „Nine to Five“ : Einen Toast auf die Technik
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Virtuell ist Fußball spielen weiterhin möglich. Bild: ZB
Ohne Fernseher, Computer oder Konsolen würde uns wohl aktuell ziemlich schnell ziemlich langweilig. Höchste Zeit, um mal den verantwortlichen Ingenieuren für ihre Arbeit zu danken.
Er ist für den häuslichen Frieden systemrelevant, denn er macht den erzwungenen Rückzug in die vier Wände erträglicher: der Fernseher, den rund 96 Prozent aller Haushalte besitzen. Den haben wir Ingenieuren zu verdanken. Nicht auszudenken, wie die Statistiken häuslicher Gewalt weiter in die Höhe schnellen würden, gäbe es den schnittig-schmalen Kasten nicht.
Selbst bastelaffine Bullerbü-Eltern gestehen ihrem Nachwuchs im homeofficeermatteten Haushalt manche Extrarunde vor dem Gerät zu. Pädagogisch scharfe Urteile über Formen der Unterhaltungselektronik fallen nach fünf Wochen daheim milder aus. Schließlich lassen sich auch gut gemachte Dokus über Technikgeschichte schauen, die Digital Natives und Netflixer in exotische Welten entführen: John Tizack erfand 1691 die Waschmaschine, Carl von Linde 1879 den Kühlschrank, Carl Benz 1885 das Auto, Ray Dolby revolutionierte 1966 die Tontechnik.
Nun zum Fernseher: Elektrotechniker Ferdinand Braun erfand die bahnbrechende Kathodenstrahlröhre, auch Braun’sche Röhre genannt. Nur wenige Bildpunkte konnten projiziert werden, aber egal, der Anfang war gemacht, „lebende“ Bilder zu übertragen. Ingenieure entwickelten das Fernsehgerät weiter, so dass Mitte der 1960er Jahre der Farbfernseher eingeführt werden konnte. Wer ihn hatte, bat stolz die staunenden Nachbarn zur Vorführung. Sage noch einer, Technikgeschichte sei nicht spannend. Ein Schwenk zur Fernseh- und Filmindustrie – es sind Ingenieure, die Kamerakräne bauen, Projektionsobjektive, Ton- und Lichteffekte und digitale 3D-Kameras entwickeln.
Eine Frage des gesunden Maßes
Beim Stromern durchs Netz – Bauingenieur Konrad Zuse hat 1941 den Computer erfunden – stoßen wir auch auf einen Mann mit dem klangvollen Namen Arthur Leslie Large, dem wir den elektrischen Wasserkocher zu verdanken haben. Large hat Großes im Kleinen vollbracht und ein Metallstück im Inneren eines Kessels so lange unter Strom gesetzt, bis das Wasser kochte. Darauf eine Tasse Tee und einen Toast, einen knusprigen! Der nämlich geht auf das Konto von Toaster-Tüftler Charles Strite. Der Mechanikermeister ärgerte sich darüber, dass in der Kantine das Brot andauernd verbrannte. Er montierte an ein einseitig geöffnetes Gerät Sprungfedern und eine Zeitschaltuhr – verkokeltes Brot war Geschichte.
Und ja, auch Spielekonsolen gehen auf das Konto von Ingenieuren. Zehn Millionen Menschen im Land besitzen eine solche Konsole und tauchen ab in interaktive Welten, preschen von Vorpommern bis Oberbayern durch virtuelle Dschungel und hechten über Felsklüfte, wenn vor der Haustür Corona lauert. Mit schlichten Grafiken hat das Sofa-Abenteuer nichts mehr zu tun. Ingenieure entwickelten zum Beispiel die Xbox, die Playstation und die Nintendo-Konsolen. Ehe jetzt alle kreativen Erziehungsberechtigten ausrasten: Immerhin sitzen sich die Gamer nicht nur gewisse Körperteile breit, sondern können auch durch Bewegungssensoren aktiv sein. Und das ist, wie alles im Leben, eine Frage des gesunden Maßes. Jedes Gerät verfügt über einen Ausschaltknopf. Vor Corona verbrachte jeder im Durchschnitt mehr als 200 Minuten täglich vor dem Fernseher. Die aktuelle Konsolen-Zeit mag man sich nicht ausrechnen.
In der Kolumne „Nine to five“ schreiben wechselnde Autoren einmal in der Woche über die Kuriositäten des Arbeits- und Hochschullebens.