Kolumne „Mein Urteil“ : Darf der Chef meine E-Mails lesen?
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Vorsicht, der Chef liest mit? Bild: dpa
In vielen Unternehmen dürfen Mitarbeiter von ihren Dienst-Accounts auch private Mails schreiben. Auf die darf der Arbeitgeber dann nicht mehr zugreifen. Oder?
Immer mehr Unternehmen stellen Mitarbeitern betriebliche E-Mail-Zugänge zur Verfügung. Verbieten sie private E-Mails, dürfen sie auf deren dienstliche Kommunikation zugreifen. In vielen Unternehmen ist die private Nutzung von E-Mails jedoch erlaubt. Nach Ansicht von Datenschützern dürfen die Arbeitgeber dann nicht mehr auf die E-Mails ihrer Mitarbeiter zugreifen. Denn der Arbeitgeber sei dann ein Telekommunikationsanbieter, der das Fernmeldegeheimnis wahren müsse. Bei Verstößen drohen bis zu fünf Jahren Haft. In der Praxis sind E-Mails jedoch oft wichtige Beweismittel - etwa wenn ein Unternehmen sich gegen Vorwürfe wegen Korruption oder Kartellverstößen wehren muss.
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe (Az. 2 K 3249/12) und das Landesarbeitsgericht Hessen urteilten kürzlich, dass Arbeitgeber keine Telekommunikationsanbieter sind und auf Daten aus E-Mails zugreifen dürfen (Az. 7 Sa 1060/10). Dabei müssen sie die strengen Vorgaben des Datenschutzes beachten. Die Frankfurter Richter hatten über die fristlose Kündigung eines Account Managers zu entscheiden. Ihm wurde gekündigt, weil er vorsätzlich Kundendaten gelöscht hatte. Um dies zu beweisen, wurden auch E-Mails gesichtet. Der Manager argumentierte, dass er den Outlook-Zugang auch privat nutzen durfte. Daher sei eine Verwertung seiner Daten als Beweismittel ausgeschlossen. Die Richter sahen das anders. Der Arbeitgeber habe dem Kläger seinen Rechner als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt. Dort habe der Manager das Gros der Daten zur Erledigung seiner Arbeitspflichten gespeichert. Ein Zugriff auf private Dateien sei daher ein geringer Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht, der nicht zu einem Beweisverwertungsverbot führt.
Immer mehr Unternehmen wollen den Umgang mit E-Mails neu regeln. Dabei sollte festgelegt werden, was auf betrieblichen E-Mail-Servern erlaubt ist und was nicht. Will der Arbeitgeber E-Mails in Gerichtsverfahren verwenden, muss er die Mitarbeiter informieren, mit welchen Kontrollen sie rechnen müssen. Denn das Bundesarbeitsgericht geht dazu über, Beweise nicht zu verwerten, wenn sie hinter dem Rücken der Arbeitnehmer gesammelt werden (Az. 5 AZR 546/12). Zudem sollte jede private Nutzung der betrieblichen E-Mail-Systeme daran geknüpft werden, dass der Mitarbeiter in angemessene Kontrollen einwilligt. Das Unternehmen darf Mitarbeiter auch anweisen, keine sensiblen oder intimen Inhalte zu speichern. Es kann auch anordnen, keine Daten auf Firmenrechnern zu nutzen, die der Arbeitgeber nicht kontrollieren soll. Speichern Mitarbeiter trotzdem private Inhalte, muss ihnen klar sein, dass ein Zugriff des Unternehmens nicht immer ausgeschlossen werden kann. Dies gilt bei Stichproben oder Kontrollen beim konkreten Verdacht auf Pflichtverstöße.