Hohe Strom- und Gaspreise : Der Kostenschock trifft die Hochschulen
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Unterfinanziert: Technikraum der Universität Hohenheim Bild: dpa
Teure Energie bremst Forschung und Lehre. Die Finanzierung hält nicht Schritt. Es drohen Personalabbau – und mancherorts höhere Studiengebühren.
Der starke Anstieg der Heiz- und Stromkosten trifft Privathaushalte, Unternehmen, Krankenhäuser – und Hochschulen. Deren Betrieb hat sich allein dadurch im vergangenen Winter um rund 1,3 Milliarden Euro verteuert. Die Energiekosten je Studenten haben sich im Mittel um rund 347 Euro erhöht. Das zeigt eine Studie des Stifterverbands für die deutsche Wissenschaft in Kooperation mit der Heinz-Nixdorf-Stiftung, sie liegt der F.A.Z. vorab vor. Viele Hochschulen sehen sich nun unter Druck, Einsparungen durchsetzen zu müssen, weil die Finanzierung so hoher Mehrkosten nicht gesichert ist. Etwa ein Drittel der Hochschulleitungen befürchtet, dass auch Einschnitte in der Forschung oder Personalabbau nötig werden.
Grundlage der Analyse ist eine breit angelegte Befragung unter den mehr als 400 öffentlichen und privaten Hochschulen in Deutschland. Die Dimension der so ermittelten Mehrkosten zeigt dieser Vergleich: Im Jahr 2021 beliefen sich die Ausgaben der Hochschulen für Energie auf 9,1 Milliarden Euro. Die jüngsten Preisschübe haben demnach die Energieausgaben um gut 14 Prozent erhöht. Dahinter stehen unterschiedliche Mehraufwände je nach Hochschule und Fachgebiet: Während in den Geisteswissenschaften meist die Heizkosten für Hörsäle und Büros der größte Posten sind, fallen in technischen Disziplinen zudem energieintensive Anlagen und Labore besonders ins Gewicht.
Unterschiedliche Lage je nach Bundesland
Mehr als die Hälfte der Hochschulen ging der Erhebung zufolge bisher davon aus, dass ihre jeweiligen Mittelgeber den akuten Anstieg der Energiekosten nicht oder allenfalls teilweise ausgleichen. Für öffentliche Hochschulen geht es dabei vor allem um die sogenannte Grundfinanzierung aus den Landeshaushalten. In einigen Bundesländern werden daneben Studiengebühren etwa für ein Zweitstudium oder von ausländischen Studenten erhoben. Für private Hochschulen sind Gebühren naturgemäß eine besonders wichtige Finanzierungsquelle.
Keinen Ausgleich ihrer Mehrkosten für Energie erwarteten 12 Prozent der Hochschulen, darunter überproportional viele Privathochschulen. Knapp 40 Prozent hatten einen teilweisen Ausgleich in Aussicht. Nur 13 Prozent rechneten fest damit, dass ihre Mittelgeber die Mehrkosten voll übernehmen. Gut ein Drittel hatte zum Umfragezeitpunkt noch keinen klaren Überblick.
Je nach Bundesland haben es öffentliche Hochschulen mit sehr unterschiedlichen Bedingungen zu tun: Einige Länder, darunter Bayern, hätten zügig eine komplette Übernahme zugesagt, so die Studie. Andere wie Hessen und Schleswig-Holstein, richteten Notfallfonds ein. Das heißt aber, dass oft Finanzierungslücken bleiben – und meist auch die Frage, wie Hochschulen mit den vermutlich dauerhaft erhöhten Energiekosten fertig werden sollen.
Höhere Studiengebühren als Folge?
Ein plastisches Bild von den Problemen hat die TU9-Allianz der führenden Technischen Universitäten gezeichnet: Natürlich strenge man sich in allen Hochschulen an, Wärme, Strom und damit Kosten einzusparen – es gebe aber Grenzen: „Das Aussetzen von aufwendigen Rechenleistungen wie auch das Verschieben von Experimenten bei Teilchenbeschleunigern führt zu Wettbewerbsnachteilen in der Konkurrenz um die international besten Forschenden“, warnten sie in einer Bundestagsanhörung. Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat inzwischen einen Härtefallfonds für sehr energieintensive Forschung auf den Weg gebracht. Wie eine Dauerlösung wirkt das aber noch nicht, erste Mittel daraus fließen wohl im zweiten Halbjahr.
Und weniger energieintensive Bereiche bleiben auf andere Lösungen angewiesen. Neben höheren Studiengebühren, die sich für die Autoren der Analyse, Pascal Hetze und Marian Burk, an einigen Hochschulen schon andeuten, sind da vor allem Kürzungen im Blick: Jeweils etwa die Hälfte der Hochschulleitungen stellt sich der Studie zufolge auf wirtschaftliche Verluste für die Hochschule ein sowie auf Einsparungen in der IT, in Bibliotheken oder Freizeiteinrichtungen. Jeweils ein Drittel hielt Einsparungen in der Forschungsinfrastruktur, Personalabbau in der Verwaltung und auch Einschnitte beim wissenschaftlichen Personal für wahrscheinlich.
Hohe Energiekosten dürften aber „die für den Innovationsstandort Deutschland zentralen Aufgaben Lehre, Forschung und Transfer nicht dauerhaft beschädigen“, warnen die Autoren. Neben Fördermitteln für Wissenschaft sei zur Lösung auch an Handfestes zu denken: an mehr Investitionen in energieeffiziente Hochschulgebäude. Da die Bundesregierung den gesamtem deutschen Gebäudesektor klimaneutral machen wolle, biete es sich an, mit öffentlichen Gebäuden wie Hochschulen ein gutes Beispiel zu geben.