Kritik an Wissenschaftlern : Im medialen Kreuzfeuer
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Nicht nur Christian Drosten steht seit der Pandemie stark in der Öffentlichkeit. Bild: dpa
Den unsachlichen Attacken auf Wissenschaftler in der Pandemie hat die „Bild“-Zeitung die Krone aufgesetzt. Das darf die Forscher nicht von der Intervention abhalten. Ein Gastbeitrag.
Raus, raus, raus aus dem Elfenbeinturm, der immer noch allzu mächtig dasteht und den elitären Gelehrten als Refugium dient. Vor der Pandemie war dieser Ruf vielerorts zu hören. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Ob in Interviews, Talkshows oder sozialen Medien, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind in der Öffentlichkeit allgegenwärtig. Sie erklären, ordnen ein, sagen voraus und dienen der Politik als Ratgeber. Die Wissenschaft sitzt nicht mehr im Elfenbeinturm, sie sitzt im Leuchtturm.
Aber wer denkt, nun sei die Welt in Ordnung, der irrt. Der Schulterschluss zwischen Politik und Wissenschaft wird durchaus kritisch gesehen. Denn die Aussagen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sind für die Öffentlichkeit nicht immer zufriedenstellend. Es wird kritisiert, dass manche Thesen zu vage seien, sich widersprächen oder gar widerrufen werden müssen. Von einer nicht legitimierten Herrschaft der Experten ist die Rede oder von einer Wissenschaft, die ihre Kompetenzen überdehnt und Maßnahmen empfiehlt, aber nicht die Verantwortung dafür übernimmt.
Grenzziehung zwischen Wissenschaft und Politik
Wie kommt es zu dieser Kluft zwischen der von einem Leuchtturm erwarteten Navigation und den wahrgenommenen Nebelkerzen? Es ist die Grenzziehung zwischen Wissenschaft und Politik, die hier nicht gelingt. Vorläufiger trauriger Höhepunkt ist die unsägliche Schlagzeile der Ausgabe der „Bild“-Zeitung vom 4. Dezember 2021 „Die Lockdown-Macher“, denn dieser Aussage liegt ein problematisches Verständnis des Verhältnisses von Wissenschaft und Politik zugrunde. Wissenschaftler sind im politischen Sinne keine Gestalter, keine Entscheider. Allein die demokratisch legitimierten Volksvertreter haben das Heft des Handelns in der Hand. Sie legen Ziele fest, setzen Prioritäten, berücksichtigen die gesellschaftliche Stimmung, wägen Werte und Überzeugungen ab und berücksichtigen hierbei auch wissenschaftliche Erkenntnisse.
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