Im Pulverdampf des Meinungskampfs
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Schon wieder besetzt: das Institut für Sozialwissenschaften an der Humboldt Universität Bild: Christian Mang
An der Berliner Humboldt-Universität ist der Protest zur Lebensform geworden. Wissenschaft wird konsequent dem ideologischen Grabenkampf unterstellt. Die Universitätsleitung reagiert hilflos.
Der 24. Oktober ist ein milder Tag in Berlin. Die starken Polizeikräfte, die sich in der Universitätsstraße hinter der Humboldt-Universität (HU) versammelt haben, lehnen entspannt an ihren Fahrzeugen und genießen die Herbstsonne. Vor der Tür zum Sozialwissenschaftlichen Institut der HU stehen junge Menschen mit sehr ernsten Gesichtern, gegenüber vor dem Café Meyerbeer die Vertreter der Universitätsleitung mit sehr entschlossenen Gesichtern. Ein junger Mann dröhnt mit seinem Megafon über die Straße: „Schließt euch an, seid solidarisch!“ Verständnislos eilen ein paar Touristen an der Polizei vorbei, die langsam näherrückt. Droben, auf dem Balkon vor seinem Zimmer, steht Andrej Holm, rauchend. Sein Blick ruht wohlwollend auf dem Aufruhr unter ihm. Seinen Segen habt ihr.
Das Institut für Sozialwissenschaften der HU ist an diesem Tag wieder einmal besetzt. Keine zwei Stunden war es da her, dass das Amtsgericht Tiergarten über die letzte Besetzung des Instituts vom Frühjahr 2017 verhandelt hatte. Damals hatten die studentischen Besetzer die Wiedereinstellung des zuvor von der HU entlassenen Stadtsoziologen Andrej Holm gefordert. Die Hochschulleitung hatte zunächst Verständnis gezeigt und die Besetzung des Instituts geduldet. Nach der Einigung Holms mit der HU-Leitung ging die Besetzung allerdings noch einige Wochen weiter. Die dabei zeitweise zu „Volxküche“ und Obdachlosenasyl umgewidmeten Räume des Instituts waren anschließend ein Sanierungsfall. Die HU sprach von 30 000 Euro Sachschäden und stellte Strafanzeige. Nach zweieinhalb Jahren erfolgte jetzt das Urteil: 300 Euro Geldbuße für die drei angeklagten Besatzer.
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