Chronik eines fortgesetzten Versagens
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Zielbewusste Doktorandin: Bundesfamilienministerin Franziska Giffey Bild: dpa
Um Franziska Giffey das Ministeramt zu retten, demontierte sich die FU Berlin selbst. Auch die Rüge, mit der sie die Ministerin davonkommen ließ, ist rechtlich zweifelhaft.
Als Franziska Giffey ihre Dissertation 2009 beim Otto-Suhr-Institut der Freien Universität (FU) einreicht, wirbt sie als Kommunalbeamtin schon jahrelang EU-Mittel nach Berlin-Neukölln ein. Zur EU und zu Neukölln wird sie dann auch „magna cum laude“ promoviert. Der Titel ihrer Arbeit lautet: „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“. Einen Teil der Arbeit bildet eine Fallstudie. Diese soll klären, ob die eingesetzten Politikinstrumente geeignet sind. Giffey, die hauptberuflich „Europa-Beauftragte“ ihres Bezirks ist, legt offen dar, dass ihre „Erfahrungen aus der Kommunikation und aus gemeinsamen Projekten mit Bürgern und Vertretern der Zivilgesellschaft“ im Wege der „teilnehmenden Beobachtung“ in die Analyse eingeflossen seien. Was Giffey bei wem genau beobachtet, wird unüberprüfbar bleiben, da sie keine Protokolle präsentiert. Zum wachsenden Zuzug von Roma-Familien heißt es etwa belegfrei: „Die Familien organisieren ihre Lebensweise und Kultur überwiegend in Clanstrukturen.“
Die Wahl des Untersuchungsortes begründet Giffey mit einer Ausnahmeposition. Neukölln sei der Bezirk, der „mit am stärksten von sozialen Problemlagen betroffen ist“. Der logische Fehler fällt ihr nicht auf: Wie kann Neukölln eine Ausnahme sein, wenn es nicht am stärksten, sondern nur mit am stärksten betroffen ist? Es folgt eine weitere widersprüchliche Aussage: „Diese Sonderstellung im Vergleich zu anderen deutschen und europäischen Stadtgebieten einerseits, die Repräsentativität der vorhandenen Problemlagen, die in vielen Städten Europas ebenso auftreten, andererseits, begründen die Fallauswahl.“ In Wirklichkeit begründet Giffeys Arbeitsort die Fallauswahl. Seitenlang stellt sie Initiativen aus ihrem Umfeld in anschaulichen Details dar. In Kindereinrichtungen sei etwa das Rätselheft „Das Europa-Spiel – Europa verstehen leicht gemacht“ besonders populär, resümiert Giffey. Wenig später wird jedoch deutlich, dass das Heft maximal 300 Mal verteilt wurde. Der Bezirk hat 28.000 Schüler.
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