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Hochschule plus Ausbildung : Ein duales Studium gegen den Fachkräftemangel

Studieren und Arbeiten: Duales Lernen an der Hochschule Chemnitz.

Studieren und Arbeiten: Duales Lernen an der Hochschule Chemnitz. Bild: dpa

In Baden-Württemberg sind schon 10 Prozent aller Studienplätze dual, im übrigen Land erst knapp 2 Prozent. Überall wächst diese Studienform rasant. Vor allem Mittelständler freuen sich darüber.

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          Claudia Gläser schwört auf das duale Studium. Vor gut fünfzehn Jahren hat sie selbst eines abgeschlossen, seitdem stellt sie in ihrem Maschinenbau-Unternehmen duale Studenten ein - früher alle drei Jahre einen Studierenden, nun hat sie die Frequenz auf zwei Jahre erhöht. „Mit dualen Studenten habe ich noch nie schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Wenn sie einen fertigen Ingenieur einstelle, müsse sie ihn mindestens ein halbes Jahr lang einarbeiten. Ein dualer Student habe hingegen schon einen großen Teil seines Studiums in ihrem Unternehmen verbracht - und sei nach dem Abschluss sofort voll einsatzfähig. „Wir kennen dann seine Stärken und Schwächen ganz genau“, erklärt Gläser.

          Lisa Becker
          Redakteurin in der Wirtschaft

          Das duale Studium ist für die mittelständische Gläser GmbH, die mit ihren 60 Mitarbeitern in der Kleinstadt Horb am Neckar sitzt, aber vor allem ein gutes Instrument, hochqualifizierte Fachkräfte zu gewinnen: Mit dieser Studienform kann sie ihre eigenen Akademiker ausbilden. „Einen fertigen Ingenieur über eine Anzeige zu bekommen ist schwieriger“, sagt Claudia Gläser.

          Fachkräfte anziehen und ausbilden

          Der Technikkonzern Phoenix Contact hat vor 13 Jahren begonnen, Mitarbeiter im dualen Studium auszubilden. Das „Schreckgespenst des Fachkräfte- und Ingenieurmangels“ hat das familiengeführte Unternehmen dazu bewogen, wie der Leiter der Ausbildungsabteilung, Hermann Trompeter, erklärt. Man begann mit zwei Studenten, heute sind es 90, bald werden es mehr als 100 sein. „Wir steigern die Anzahl der Stellen“, sagt Trompeter. „Denn wir wollen gute Fach- und Führungskräfte gewinnen, die unsere Werte und Kultur kennen und leben.“

          Was das Unternehmen aus Blomberg in Ostwestfalen und die Gläser GmbH machen, tun immer mehr Unternehmen in Deutschland: Sie bieten duale Studienplätze an, um hochqualifizierte Fachkräfte anzuziehen und auszubilden. Die Studenten verbringen - oft im dreimonatigen Wechsel - den einen Teil der drei Jahre währenden Ausbildung an der Hochschule, den anderen im Unternehmen. Dort durchlaufen sie verschiedene Abteilungen und können das im Studium Gelernte sofort anwenden. Oft haben sie bei Studienabschluss auch einen IHK-Abschluss in der Tasche.

          Die am schnellsten wachsende Studienform

          Diese Art des Studiums hat in den vergangenen Jahren schnell an Fahrt aufgenommen; sie ist die am schnellsten wachsende Studienform in Deutschland und wird dies nach den Erwartungen der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) noch länger bleiben. Gut 60 000 Studenten studierten nach Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung 2011 dual - 20 Prozent mehr als im Vorjahr und 70 Prozent mehr als 2005. Um ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr stieg auch die Zahl der angebotenen Studiengänge auf rund 930.

          Seine Wurzeln hat das duale Studium in Baden-Württemberg, wo es vor fast 40 Jahren in 50 Unternehmen begann. Inzwischen ist die Duale Hochschule Baden-Württemberg mit knapp 28.000 Studenten und 11 500 Studienanfängern im Studienjahr 2011/12 die zweitgrößte Hochschule des Bundeslandes - und könnte bald die größte sein. Sie arbeitet mit rund 9000 Unternehmen und sozialen Einrichtungen in der Ausbildung der Studenten zusammen. In Baden-Württemberg ist jeder zehnte Studienplatz dual, im übrigen Deutschland sind es erst 1,7 Prozent. Die 10 Prozent in Baden-Württemberg deuten nach Ansicht von Fachleuten darauf hin, wo die Entwicklung im übrigen Deutschland hingehen könnte.

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