Kolumne „Expat“ : Früh geübt, teuer bezahlt
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Fahrschüler haben es in Frankreich schwerer als in Deutschland Bild: dpa
Fahrstunden in Frankreich sind sehr teuer. Das führt zu seltsamen Auswüchsen: Fahrschulautos, die es beim Autoverleiher gibt oder schwarz arbeitende Fahrschullehrer. Ja sogar in den Präsidentschaftswahlkampf hat das Thema Eingang gefunden.
In Frankreich den Führerschein zu machen, ist teuer und raubt viel Zeit. Das treibt seltsame Blüten: So sind bei einigen Autoverleiher echte Fahrschulautos mit doppelten Pedalen erhältlich. Jeder kann sie ausleihen, der eine bestandene Theorieprüfung, zwanzig offizielle Praxisstunden und einen erfahrenen Beifahrer aufweisen kann. Kürzlich hat die Polizei in Paris einen Fahrlehrer gestellt, der schwarz Fahrstunden gab. Für die Schüler ist das deutlich billiger und für ihn wegen der unterschlagenen Sozialabgaben und Steuern lukrativer. Denn in Frankreich gibt es zu wenige staatliche Prüfer. Daher müssen die Bewerber nach teuer bezahlten Fahrstunden oft viele Monate auf die Prüfung warten. Zahlreiche Fahrschüler fallen beim ersten Versuch durch. Die zusätzlichen Fahrstunden sind noch einmal erheblich teurer.

Wirtschaftskorrespondent in Paris.
Im Pariser Raum kommen einschließlich Prüfungsgebühren gut und gern Kosten von mehr als 1600 Euro zusammen, worin aber nur 20 Pflichtstunden enthalten sind. Danach kostet jede zusätzliche Stunde oft bis zu 55 Euro. Manche greifen schon zu Luxusangeboten: Eine Schule bietet für 3000 Euro 30 Fahrstunden im schicken Mini zeitsparend in einer Art Intensivkurs. Auch mit 16 Jahren lässt sich schon Fahrpraxis erwerben. Voraussetzung auch hier: Die bestandene Theorieprüfung, 20 Fahrstunden und einen erfahrenen Beifahrer an der Seite. Wer auf diesem Weg 3000 Fahrstunden gesammelt hat, kann mit 18 Jahren erfahrener in die Prüfung gehen.
Doch diese Varianten haben am Nadelöhr der staatlichen Prüfungen nichts geändert. Das Thema bringt die Franzosen derart auf die Palme, dass es im Frühjahr sogar prominent im Präsidentschaftswahlkampf zur Sprache kam. Jeder Kandidat musste seine Reformvorschläge formulieren. Viel geändert hat sich seither aber nicht. Das System ist mit Interessenkonflikten durchzogen. Private Fahrlehrer haben nicht gerade ein brennendes Verlangen danach, die Bewerber schon in der ersten Prüfung durchzubringen. Denn an den Überstunden verdienen sie mehr als an den Pflichtstunden. Besonders erfreut sind die Franzosen dann, wenn die staatlichen Prüfer unangekündigt in Streik treten, weil sie sich überarbeitet und schlecht bezahlt fühlen. „Meine Tochter fieberte seit Monaten auf die Prüfung hin, und dann erscheint der Prüfer einfach nicht“, schimpft eine Nachbarin.
Ob die Studie des Technologie-Institutes IEEE Trost spendet? 2040 brauche man gar keine Führerscheine mehr, denn dann werden die Autos von Computern und Sensoren gesteuert, hieß es in einer Untersuchung kürzlich. Die 18-jährigen Franzosen wollen so lange freilich nicht warten.