Aufholprogramm nach Corona : Ein Alibigremium?
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Sicheres Mittel gegen Übergewicht bei Kindern: Auch Bewegung ist während der Pandemie zu kurz gekommen. Bild: Picture Alliance
Die Wirkung von Förderprogrammen im Bildungsbereich wird oft genug nicht überprüft. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz fordert deshalb einen verantwortungsvolleren Umgang mit öffentlichen Mitteln und eine systematische Zielsetzung.
Zwei Milliarden Euro wollen Bund und Länder investieren, um die coronabedingten Lernlücken bei Kindern und Jugendlichen zu schließen. Für die Lernrückstände in den Kernfächern ist davon eine Milliarde vorgesehen, die andere für frühkindliche Bildung und soziale Projekte, um psychische und körperliche Folgen abzuschwächen. Bund und Länder hatten sich darauf vor gut einem Jahr geeinigt, weil sie verhindern wollen, dass „bestehende Ungleichheiten manifestiert werden“. Wie so oft bei Bund-Länder-Programmen nehmen die Länder gern das Geld und wollen außerdem die volle Entscheidungshoheit darüber behalten, wie es ausgegeben wird.
Da es sich um Umsatzsteuerpunkte handelte und außerdem noch um ein Wahlgeschenk der damaligen Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und der früheren Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), wurde den Ländern viel, womöglich zu viel Freiheit für den Mitteleinsatz gelassen. Doch unterliegen solche Förderprogramme grundsätzlich den Bestimmungen der Bundeshaushaltsordnung und müssen überprüft werden. Aus diesem Grund und nach den Erfahrungen mit früheren gemeinsamen Programmen (Ganztagsschulausbau) mussten die Länder dem Bund bis zum 31. März dieses Jahres in einem Zwischenbericht Rechenschaft darüber ablegen, wie sie das Geld einsetzen. Die Rechenschaftslegung für die schulischen Programme ging an das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und für die außerschulischen und frühkindlichen an das Bundesfamilienministerium.
Wer sich der Lernrückstände annehmen will, muss erst einmal genau wissen, wo sie eigentlich liegen. Und da fangen die Probleme schon an. Längst nicht jedes Land hat den Lernstand aller Schüler erhoben, obwohl die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) ausdrücklich dazu geraten hatte. Zu den Empfehlungen des unabhängigen Beratungsgremiums der Kultusministerkonferenz gehörte auch die Konzentration auf Schwache, die Fokussierung auf Deutsch und Mathematik sowie die Kernfächer und die besondere Berücksichtigung der Übergangsphasen im Bildungsverlauf.
Am konsequentesten haben sich Baden-Württemberg und teilweise auch Schleswig-Holstein davon leiten lassen. Allerdings wurden in Schleswig-Holstein nicht durchgehend Lernstandstests eingesetzt. In anderen Bundesländern wurde alles Mögliche mit den Geldern finanziert, selbst Schwimmlehrer. So wichtig es sein mag, dass Kinder Schwimmen lernen, so wenig zielführend dürfte das Schwimmen zum Aufholen konkreter Corona-Lernlücken sein. Und warum soll der „Ausbau der Niederdeutsch- und Saterfriesischförderung“ die Corona-Folgen mildern?
Von einer Gesamtstrategie ist nichts zu spüren
Einige Länder scheinen nicht einmal genau gewusst zu haben, was sie eigentlich mit dem Geld anfangen sollen. Ferienkurse und andere außerunterrichtliche Angebote fand die SWK nicht wirksam genug, wenn sie nicht mit längerfristigen in den Unterricht integrierten Programmen verknüpft werden. Außerdem fehlen in allen Ländern Fachkräfte. Um zusätzlichen Unterricht oder Förderstunden anzubieten, reicht es eben nicht, ein paar Studenten weiterzuqualifizieren. Dazu bedarf es größerer pädagogischer Kompetenzen.