Gründung mit Kultstatus : Die Schweizer Cola sprudelt wieder
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Christian Forrer Bild: Tamedia
Coca-Cola und Pepsi haben Vivi-Kola einst aus dem Schweizer Markt gedrängt. Doch nun ist das Kultgetränk wieder da - dank eines jungen Gründers. Auch wenn der Handel noch zögert, die Gastronomie greift zu.
Eglisau ist ein hübscher kleiner Ort eine halbe Autostunde nördlich von Zürich. Vor bald hundert Jahren begann man, die dortige Mineralquelle anzuzapfen. Der Verkauf des Wassers verlief allerdings sehr schleppend. Also produzierte die Mineralquelle Eglisau AG auch Süßgetränke, eines mit Zitrone (Eglisana) und eines mit Orange (Orangina). Das kam deutlich besser an. Daher wurden die Direktoren noch mutiger und schickten ein paar Männer nach Kamerun: Dort sollten sie die geheimnisvolle Kolanuss pflücken und nach Hause bringen. So erzählt man es sich zumindest in Eglisau. Ob diese Legende stimmt oder nicht: 1938 machte das Unternehmen aus der bitteren, koffeinhaltigen Nuss das erste Schweizer Colagetränk: Vivi-Kola.
Coca-Cola hatte zwar schon zwei Jahre zuvor mit der Abfüllung in der Schweiz begonnen. Aber die amerikanische Brause galt als zweitklassig gegenüber dem „Wundergetränk aus Eglisau“, das mit dem Slogan „chlöpft uf“ (erfrischt, belebt) so etwas wie der erste Energydrink der Schweiz war. Ende der vierziger Jahre war Vivi-Kola der Marktführer unter den Cola-Getränken im Land. Hierzu trug das Sponsoring des Radrennens Tour de Suisse maßgeblich bei; „Rennfahrerbier“ wurde das Getränk im Volksmund seither genannt.
Doch der Erfolg war nicht von Dauer. Unter dem (Werbe-)Druck von Coca-Cola und Pepsi sowie den billigeren Eigenmarken der großen Einzelhandelsketten ging es über die Jahre stetig bergab. 1986 wurde die Produktion eingestellt und - ausgerechnet - auf Pepsi umgestellt. Doch seit 2010 ist das einstige Kultgetränk wieder zurück im Markt. Dank der Leidenschaft von Christian Forrer. Der Grafiker ist in Eglisau geboren, mithin also mit Vivi-Kola aufgewachsen. „Auf den Dorffesten gab es Bratwurst mit Vivi-Kola und Cervelat mit Orangina - oder umgekehrt“, erzählt Forrer. Nicht nur schmeckt ihm als Bub die Cola. Er ist auch fasziniert von dem Etikett auf der Flasche: Auf die Herkunft der Kolanuss anspielend, zeigt es in knalligen Farben eine Landkarte Afrikas. Das erinnert den Jungen an die Abenteuergeschichten von Tim & Struppi. Im Alter von 14 Jahren staubt Forrer während einer Aufräumaktion in der Schule ein altes Vivi-Kola-Plakat ab und hängt es sogleich stolz in seinem Zimmer auf.
Finanz-Newsletter wurden ihm zu langweilig
Nach dem Grafik-Studium arbeitet Forrer zunächst in einer Werbeagentur. Dann macht er sich selbständig und gestaltet Newsletter für die Welt der Finanzen. Doch das wird ihm irgendwann zu langweilig. In dieser Phase stößt er durch den Hinweis eines Kollegen zufällig auf die Frage, ob man wohl die Markenrechte für Vivi-Kola ergattern könnte. Forrer ist sofort elektrisiert: Wäre es nicht großartig, das Lieblingsprodukt seiner Jugend wiederzubeleben? Doch schnell kommt der Dämpfer. Die Rechte liegen in der Hand eines Markenanwalts. Und der will sie nicht abgeben. Nach schweizerischem Recht muss man Markenrechte allerdings binnen fünf Jahren mit Leben füllen, sonst verliert man sie wieder. Diese Frist versäumt der Anwalt. Also schlägt Forrer zu. Doch kaum hat er Vivi-Kola neu registriert, bricht Rivella mit „Rivicola“ einen Markenstreit vom Zaun. Nach eineinhalb Jahren nervenaufreibendem Kampf ist auch der gewonnen.