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Gründerserie : Strom aus der Region

Männer am Strom: Bernhard Böhmer (links), Christian Chudoba (sitzend) und Oliver March von Lumenaza Bild: Matthias Lüdecke

Grünen Strom direkt vom Erzeuger an den Verbraucher verkaufen? Geht nicht, denken die meisten. Diese jungen Gründer und ihr Start-up haben aber genau damit jetzt Erfolg.

          4 Min.

          Jedes Start-up braucht eine gute Idee. Kommt eine gute Geschichte hinzu, wird daraus eher ein Erfolg. Die Geschichte von Lumenaza, einem Berliner Start-up, das Softwarelösungen für eine dezentrale Stromversorgung verkauft, geht so: eine Familienfeier vor fünf Jahren in Franken. Im Dorf erzeugen viele ihre Elektrizität selbst. Doch anders als regionale Lebensmittel kann man diesen Strom nirgends kaufen, er verläuft sich irgendwo in den Weiten des Elektrizitätsnetzes. Warum eigentlich, fragt sich die Runde irritiert.

          Andreas Mihm
          Wirtschaftskorrespondent für Österreich, Ostmittel-, Südosteuropa und die Türkei mit Sitz in Wien.

          Christian Chudoba verbürgt sich für die Geschichte. Er war dabei, und sie sei der Ausgangspunkt für die Gründung des Unternehmens Lumenaza, ein Kunstwort aus „Lumen“ und „Plaza“. Dieser „Lichtplatz“ im vierten Geschoss eines Kreuzberger Hinterhofes war vielleicht Deutschlands erstes Unternehmen, das Grünstrom direkt vom Erzeuger an Endverbraucher verkauft, ohne den Umweg über den Großhandel zu nehmen.

          Dazu haben Chudoba und seine beiden Mitgründer eine Software entwickelt, die den Traum von der dezentralen und verbrauchernahen Versorgung mit regional erzeugtem Ökostrom ein Stück weit Wirklichkeit werden lässt. Ihre Algorithmen messen und vergleichen Nachfrage und Angebot der Kunden und Lieferanten in Echtzeit, verwalten die Daten, verkaufen überschüssiges Angebot an Dritte oder kaufen Grünstrom zur Deckung von Nachfragespitzen hinzu.

          „Wir verstehen uns als Software-Unternehmen“

          Zwar können auch sie die Physik nicht überlisten und dem Verbraucher deshalb nicht garantieren, dass jedes Elektron aus der Windkraft-, Solar- oder Biogasanlage gegenüber stammt, doch garantieren sie auch kleinen Anbietern wie Bürgerenergiegenossenschaften eine stete Belieferung mit Ökostrom. Die Abrechnung erledigt die Software dann in einem mit.

          Die Energiebranche sei zu Beginn sehr skeptisch gewesen, ob das überhaupt gelingen könne, erinnert sich der 49 Jahre alte Physiker und frühere Siemens-Mann Chudoba schmunzelnd. So viele Daten seien im Viertelstundentakt zu messen und zu verarbeiten. Chudoba fand, das sei keine unmögliche Herausforderung. Wusste er doch aus Erfahrung, dass Mobilfunkanbieter binnen Millisekunden herausfinden, ob der Kunde noch genügend Geld auf seiner im Voraus bezahlten Karte hat, um das Telefonat zu führen.

          Chudoba, der heute Vorsitzender der Geschäftsführung der Lumenaza GmbH ist, ging 2013 mit dem Softwarespezialisten und heutigen Technikchef Bernhard Böhmer, er zählt 50 Jahre, ans Werk. Ein Jahr später machte der Betriebswirt Oliver Philipp March, der 45 Jahre alte Finanzchef, das Gründer-Duo zum Trio.

          2014 brachten sie ihr erstes Produkt auf den Markt. „Wir verstehen uns als Software-Unternehmen“, bekräftigt March. Doch um zu beweisen, dass die Technik funktioniert, musste Lumenaza zunächst einmal selbst unter die Stromhändler gehen. Nicht nur die Steuerungsgeräte für den Ökostrom, sondern auch die hinterlegte Software arbeiten wie versprochen. Seither beziehen ein paar hundert Kunden in Berlin und Brandenburg ihre Elektrizität über Lumenaza aus umliegenden Windparks und Solaranlagen – und seither interessiert sich eine wachsende Zahl von Geschäftskunden aus dem In- und Ausland für die Baukastentechnik der Kreuzberger Tüftler. Sogar aus Japan seien Besucher vorbeigekommen, sagt Gründer Chudoba mit verhaltenem Stolz.

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