Gespannt wie eine heiße Wurst
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Franc, gezeichnet von Kursteilnehmerin Natalie Bild: Natalie Zaremba
Das Aktzeichnen gehört zu den traditionellen Disziplinen eines Kunststudiums. Kann man so etwas digital unterrichten? Ein Besuch bei einer Pandemie-Version, die es probiert.
Franc ist schon fast nackt, als er es endlich schafft, seine Kamera einzuschalten. Das schmale Handtuch legt er ab, während Nikola Jaensch noch über Egon Schieles „Stehenden Akt mit gelbbraunem Umhangtuch“ spricht. „Der Franc“, erklärt Jaensch den 20 Studierenden, die sich eingeschaltet haben, „gehört ja hier zu unseren jungen Aktmodellen.“ Franc ist 49 – mehr als dreißig Jahre jünger als sein ältester Kollege. „Das heißt, es ist eine Oberflächenspannung in dem Körper“, sagt Jaensch über Franc. Die Studierenden sollten sich diese Spannung vorstellen wie bei einer heißen Wurst, so prall, dass sie kurz vorm Platzen ist.
Es ist die erste Stunde des Aktzeichnen-Kurses der Kunsthochschule Mainz in diesem Wintersemester. Seit elf Jahren leitet ihn Nikola Jaensch, seit anderthalb Jahren macht sie es digital. Das bedeutet auf der einen Seite: Wiebke kann zum dritten Mal mitmachen, obwohl sie eigentlich im Auslandssemester in Frankreich ist, und Izzy muss sich nicht überwinden, ihre Leinwand vor einem Dutzend anderer aufzubauen und zu zeichnen, was eigentlich ihre Horrorvorstellung ist: Menschen.
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