Denken wie bei Google : Von wegen Silicon Berlin!
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Rob Nail, Mitgründer der Singularity University, bei einem Vortrag in Mountain View Bild: dpa
Die private Singularity University ist im Silicon Valley ein Riesenerfolg. In Deutschland aber tut sie sich unerwartet schwer. Warum nur?
Im Silicon Valley wird die Zukunft gemacht – davon sind viele Menschen überzeugt. Auch deutsche Studenten, Forscher und Manager beobachten gebannt, welche Trends, Geschäftsmodelle und Technologien das High-Tech-Cluster an Kaliforniens Küste wohl als Nächstes hervorbringen wird. Aber was ist das Erfolgsgeheimnis der Start-ups und Tech-Konzerne in der Bay Area? Und vor allem: Lässt sich Silicon-Valley-Denke erlernen – und der Erfolg der dort ansässigen Unternehmen so kopieren?
Die Singularity University in den Vereinigten Staaten verspricht genau das. Die private Universität befindet sich auf einem ehemaligen Flugplatz nahe dem kalifornischen Ort Mountain View – gleich neben einem Gelände der amerikanischen Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa. Auch der Internetgigant Google ist nur einen Katzensprung entfernt. Wer die Singularity University besucht, kann dort von prominenten Silicon-Valley-Unternehmern und Vordenkern des Tech-Zeitalters persönlich lernen, wie das geht: Zukunftsideen entwickeln, die die Welt verändern. So jedenfalls das Selbstverständnis dieser etwas anderen Uni.
Seit die Singularity University im Jahr 2008 gegründet wurde, pilgern Manager, ehrgeizige Jungunternehmer und Möchtegern-Start-ups aus aller Welt auf den Singularity-Campus, um Kurse und Workshops zu besuchen. Die Teilnehmer wollen das „exponentielle Denken“ erlernen, mit dem sich – davon sind die Gründer der Universität rund um Google-Chefingenieur Ray Kurzweil überzeugt – die vielen neuen Möglichkeiten erschließen lassen, die sich durch Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz, Virtual Reality und Robotik ergeben.
Teure Kurse, kein Abschluss
Wer teilnehmen will, muss allerdings ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren durchlaufen – und viel Geld mitbringen. Ein einwöchiger Kurs, zu dem rund 100 Teilnehmer zugelassen werden, kostet 15 000 Dollar, umgerechnet also etwas mehr als 13 000 Euro. Der elitäre Kreis derjenigen, die das Programm absolviert haben, zählt sich anschließend stolz zu den Singularity-Alumni. Einen offiziellen Abschluss erreichen diese darüber hinaus nicht – überhaupt dabei zu sein, einmal ganz nah dran gewesen zu sein an den Stars des Silicon Valley, gilt ihnen aber als Auszeichnung.
Die Kurse sind stets ausgebucht, die Wartelisten lang. Als Moritz Spiller hörte, dass die Singularity University auch in Deutschland ein sogenanntes „Germany Summit“ veranstaltet, war er daher neugierig. Spiller studiert Digital Engineering in Magdeburg, dieses Jahr will er seinen Master abschließen. Er meldete sich als freiwilliger Helfer, um Zutritt zum begehrten Treffen der Silicon-Valley-Ikonen und zu den Vorträgen der Stars der Tech-Szene zu bekommen. Auf andere Studenten traf Spiller vor Ort dann kaum: Die rund 2000 Euro für zwei Tage Silicon-Valley-Crashkurs zahlten vor allem Großkonzerne wie SAP, Deutsche Lufthansa und Vodafone, die ihre Mitarbeiter nach Berlin schickten. Rund 800 Teilnehmer wollten dabei sein.
Spiller konnte als freiwilliger Helfer an mehreren Workshops teilnehmen und war von den Promis aus dem Valley fasziniert: „Die Themen wurden von hervorragenden Leuten vorgetragen, die sehr genau wissen, von was sie reden“, sagt er. „Allein das war schon lehrreich.“ Die Atmosphäre empfand er jedenfalls als inspirierend. Am Ende war er aber trotzdem ernüchtert. „Inhaltlich muss ich sagen, dass das Ganze etwas aufgebauscht wird“, sagt Spiller. „Im Endeffekt steckt weniger dahinter, als man Außenstehende glauben lassen will.“