Schreibberatung für Studenten : Endlich schreiben lernen
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Bild: Tresckow
Vielen Studenten fällt es schwer, wissenschaftliche Texte zu verfassen. Helfen können Schreibzentren, wie sie an Amerikas Hochschulen längst üblich sind. In Deutschland gibt es davon aber erst wenige.
Eine Schreibberatung für Studenten? Wer das Abitur in der Tasche hat und somit fit fürs Studium ist, der wird doch keine Scheu vor dem leeren Blatt Papier oder Bildschirm haben, könnte man meinen. Eine Befragung von Studenten, die der Bremer Linguist Hans Peter Krings durchgeführt hat, offenbart allerdings ein anderes Bild. Jeder zweite der 269 Befragten gab an: „Ich tue mich schwer, mit dem eigentlichen Schreiben anzufangen“ und „Ich bin unsicher, wie eng ich mich in meinem Text an die Quellen anlehnen darf“. Probleme mit der Materialauswahl und Schwierigkeiten „mit dem geforderten wissenschaftlichen Stil“ hatte jeder Dritte. Für jeden Fünften war das Schreiben von Seminararbeiten „eine ziemliche Qual“ oder fiel „ziemlich schwer“. In jedem zweiten Umfrageteilnehmer weckte der Gedanke an Examensarbeiten „sehr ungute Gefühle“.
„Das Schreiblerngeschäft ist eine Hürde“, sagt Krings. „Beim Sprechen tun wir uns nicht schwer; wir quasseln in Sitzungen ohne Ende. Aber wenn es darum geht, nachher ein Protokoll zu schreiben, herrscht oft Schweigen.“ Hinzu komme die Besonderheit wissenschaftlichen Schreibens. „Aus der Schule bringt man da nichts mit.“ Die Facharbeit in der Oberstufe wirke häufig „wie ein Fremdkörper“, und an der Hochschule beschränkten sich Einführungskurse meist auf formale Aspekte.
Tipps vom Online-Coach
Zusammen mit seinem Team hat Krings deshalb einen Online-Coach entwickelt (www.bremer-schreibcoach.uni-bremen.de). Das Portal ist fachübergreifend und enthält über 300 Textmodule mit Tipps zu allen Phasen eines wissenschaftlichen Schreibprojekts. „Die Empfehlungen verstehen sich nicht als letzte Weisheiten, sondern als ein Pool erprobter Strategien“, erklärt Krings und rät zum Beispiel, bei Schreibblockaden einfach mal drei Tage lang nichts zu schreiben. Auch sei es besser, mitten in einem Text aufzuhören, als noch einen Absatz beenden zu wollen. „Meist will man zu viel. Dabei ist es wichtig, erst den Inhalt zu definieren und dann die Form zu finden“, sagt der Schreibforscher.
Studierende schreibtechnisch zu beraten ist an amerikanischen Unis längst gang und gäbe. 90 Prozent der dortigen Universitäten bieten in speziellen Schreibzentren Kurse außerhalb der Fachdisziplinen an, auch die Elitehochschulen Stanford und Harvard. Hierzulande gibt es kein Dutzend solcher Institutionen. Das erste „Schreiblabor“ entstand in Bielefeld. Deren Gründerin, die Pädagogin und Soziologin Andrea Frank, hatte nach ihrem Studium einige Zeit in den Vereinigten Staaten verbracht und dort die „Writing Center“ und „Writing Labs“ kennengelernt. „In den Vereinigten Staaten ging es damals vor allem darum, schulische Defizite der Studenten auszugleichen“, sagt Frank. Inzwischen sei das aber anders; man wende sich im Sinne des lebenslangen Lernens auch höheren Semestern zu. Ihr Aufenthalt in Amerika inspirierte Frank, auch in Bielefeld ein Schreibzentrum einzurichten. 1993 begann sie dieses deutsche Pionierprojekt mit zwei Hilfskräften und 48.000 DM Startkapital. Heute ist das Schreiblabor fester Bestandteil der Universität.