Frauen in der Wissenschaft : Der große Knick nach der Promotion
- -Aktualisiert am
Dass es ihr überhaupt gelinge, Kind und Wissenschaft zu vereinbaren, habe viel damit zu tun, „dass mein Mann und ich uns das teilen“, sagt Carius. Ähnliche Aussagen hört man oft von Wissenschaftlerinnen mit Kindern, die an der Uni Karriere gemacht haben. Entweder teilen ihre Partner die Haus- und Familienarbeit mit ihnen zu gleichen Teilen, oder die Männer stecken beruflich sogar zurück. An der Uni Paderborn hat unlängst eine Professorin vor jungen Wissenschaftlerinnen berichtet, dass sie, als sie ihre Professur in einer anderen Stadt angetreten habe, gependelt sei und ihr Mann bei den Kindern geblieben sei. Eine der Zuhörerinnen war Nicola Bilstein, die in Betriebswirtschaftslehre promoviert. Die 28-Jährige plant zwar, die Kindererziehung mit ihrem Mann zu teilen. Es sei ihr aber bewusst geworden, dass es auch für sie mal nötig werden könnte, unter der Woche zu pendeln.
Mentoring-Programme helfen bei der Vernetzung
Die Veranstaltung, in der die Professorin über ihren Beruf berichtete, war Teil des Mentoring-Programms für Doktorandinnen an der Uni Paderborn. Zu einem solchen Programm, das es auch an anderen Unis gibt, gehört vor allem, dass sich eine Doktorandin und eine Professorin zu Gesprächen treffen. Die Doktorandin bekomme so eine realistische Vorstellung vom Professorenberuf und erkenne womöglich, dass die Professorin nicht so viel anders sei als sie selbst, erklärt Scharlau, die das Programm in Paderborn leitet. Bilstein haben die Treffen viel gebracht. „Wir haben über Konferenzen und Auslandaufenthalte genauso gesprochen wie über Familie und wissenschaftliche Karriere.“ Die Gespräche hätten dazu beigetragen, dass sie sehr ernsthaft darüber nachdenke, in der Wissenschaft zu bleiben.
In dem Programm wird außerdem versucht, die Doktorandinnen dazu zu bewegen, sich zu vernetzen. Vernetzung sei eine wichtige Voraussetzung für eine Hochschulkarriere, sagt Scharlau. Leider falle sie Frauen oft schwer. „Sehr viele Frauen wollen nur über eigene Leistung hochkommen. Das ist eine gefährliche Einstellung.“ Wer wahrgenommen werden wolle, müsse viele Leute kennengelernt haben.
„Notfalls“ eine Quote?
Neben den Mentoring-Programmen gibt es noch mehr Maßnahmen, mit denen Hochschulen Frauenkarrieren unterstützen: Gleichstellungsbeauftragte beraten Fachbereiche, die nicht genügend Doktorandinnen finden; der Familienservice unterstützt die Suche nach einem Betreuungsplatz; Unis fördern Doppelkarrieren und suchen für den Partner einer neuen Professorin eine Stelle am Ort. Doch ist der Erfolg der universitären Gleichstellungspolitik schwer zu fassen. Der Anteil der Frauen unter den Professoren steige zwar, doch dauere es in diesem Tempo bis 2040, bis er 40 Prozent betrage, rechnet das CEWS vor.
Viele Wissenschaftlerinnen und auch manche Wissenschaftler plädieren deshalb für eine Quote. Die Diskussion angestoßen hatte 2006 ein Mann: Der damalige Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Ernst-Ludwig Winnacker, forderte, „notfalls“ mit einer Quote das zu erreichen, was selbstverständlich sei: die Gleichstellung von Mann und Frau. Die jetzige HRK-Präsidentin Margret Wintermantel will Frauen auch fördern, steht aber einer starren Quote skeptisch gegenüber. Mit ihr würden Wissenschaftlerinnen dem „pauschalen Verdacht“ ausgesetzt, Quotenfrauen zu sein. Psychologieprofessorin Scharlau meint: Eine Quote diene dazu, Hochqualifizierten eine größere Chancen zu geben. „Ähnlichkeit hilft eben.“ Die Wissenschaftlerinnen des CEWS schlagen ein Kaskadenmodell vor: Liege der Frauenanteil an den Promotionen bei 40 Prozent, dann müsse die Quote für die Habilitationen auch mindestens 40 Prozent betragen. Allerdings müsse man den Gegebenheiten der Institution oder des Fachbereichs Rechnung tragen und die jeweilige Beschäftigtenstruktur und Stellenentwicklung ermitteln. Der Teufel könnte im Detail stecken.