Internetdozent Clay Shirky : „Multitasking laugt geistig aus“
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Mit Laptop in der Vorlesung sitzen: An den meisten Unis völlig normal. Bild: dpa
Clay Shirky lehrt in New York den Umgang mit dem Netz und sozialen Medien. Nun hat ausgerechnet er Studenten verboten, in seinen Vorlesungen mobile Geräte zu benutzen. Was die wohl dazu sagen?
Mister Shirky, seit mehr als 15 Jahren lehren Sie vor allem an der New York University über den Umgang mit dem Internet und den sozialen Medien. Wie nicht anders zu erwarten, hatten Sie es Ihren Studenten bislang immer erlaubt, in Ihren Vorlesungen Laptops, Smartphones und andere mobile Geräte zu benutzen.
Richtig. Ich habe es immer locker gesehen, wenn in meinem Klassenzimmer Technik zum Einsatz kam. Mit Blick auf das Thema meiner Vorlesungen hatte das ja auch einen klaren Praxisbezug. Und ich habe es auch als meine Pflicht angesehen, interessanter zu sein als die etwaige Ablenkung, die von den Laptops und anderen Geräten ausgeht. Ein Verbot hätte sich für mich deshalb lange so angefühlt, als ob ich bei der Aufgabe, gute Vorlesungen und Seminare zu halten, mogeln würde. Und nicht zuletzt sind die Studenten erwachsen und müssen selbst wissen, was sie tun. Ein Verbot von Laptops und Smartphones fand ich deshalb irgendwie kindisch.
Jetzt aber haben Sie Ihren Studenten den Gebrauch verboten, solange Sie nicht ausdrücklich darum bitten, die Laptops auszupacken. Warum?
Nach und nach wurden die Geräte allgegenwärtig und die Studenten immer unaufmerksamer. Wenn ich sie bat, die Geräte beiseitezulegen, war das, als ob jemand frische Luft ins Zimmer gelassen hätte. Die Gespräche und Diskussionen wurden wieder lebendiger. Es ist doch erwiesen, dass Multitasking uns geistig auslaugt. Die meisten Menschen glauben, mehr erledigen zu können, wenn sie vieles gleichzeitig machen. Stattdessen werden sie ineffektiver, lassen sich leichter ablenken.
Wie haben Ihre Studenten ansonsten auf das Verbot reagiert?
Sie haben es einfach akzeptiert und es als eine Möglichkeit angenommen, den Unterricht zu verbessern. Ich habe das Verbot gleich zu Beginn des Semesters in einem Kurs von Erst- und Zweitsemestern ausgesprochen, da konnte sich erst gar kein Widerstand regen. Hätte ich das Verbot während des Semesters eingeführt, hätte es außerdem wie eine Bestrafung ausgesehen.
Haben sich andere Professoren-Kollegen von Ihrem Verbot inspirieren lassen?
Ich habe gehört, dass einige Kollegen die Idee übernommen haben, aber ich weiß nicht, wie viele es sind. Nur wenige, fürchte ich.
War Ihr Verbot nur ein Test, oder wollen Sie daran festhalten?
Wenn etwas funktioniert, sollte man es nicht ändern, oder? Momentan sieht es so aus, als würde das Verbot dabei helfen, die Aufmerksamkeit der Studenten zu erhöhen. Also halte ich daran fest, solange es dabei bleibt.