Erreichbarkeit im Urlaub : Viele Arbeitnehmer schalten immer noch nicht ab
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Auch im Urlaub immer erreichbar - für viele Arbeitnehmer mittlerweile Alltag. Bild: dpa
Viele Arbeitnehmer wünschen sich flexible Arbeitszeiten. Im Gegenzug verlangen manche Arbeitgeber dies aber auch. Selbst im Urlaub sind viele Mitarbeiter deshalb erreichbar - doch manche machen das nicht mehr mit.
47 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland wünschen sich mehr Flexibilität, jedoch befürchten 43 Prozent, dass die Wahl flexibler Arbeitsbedingungen ihre Aufstiegschancen beeinträchtigt. Das ist ein Ergebnis der Global Talent Trends Studie 2018 der Unternehmensberatung Mercer. Für die Erhebung wurden mehr als 7600 leitende Führungskräfte, Personalverantwortliche und Mitarbeiter aus 21 Branchen und 44 Ländern befragt.
Führungskräfte aus dem Personalbereich haben diesen Wunsch nach mehr Flexibilität im Arbeitsleben zwar erkannt – an der Umsetzung hapert es allerdings noch: 77 Prozent sehen sich laut der Umfrage zwar in der Pflicht, ihren Mitarbeitern flexibles Arbeiten zu ermöglichen.
Allerdings geben nur 3 Prozent der Führungskräfte in Deutschland an, sich als Vorreiter in dieser Frage zu verstehen. Der Mangel an flexiblen Arbeitsregelungen schade allerdings vor allem Frauen und älteren Arbeitnehmern „überproportional“, heißt es in der Studie. Das wiederum führe zu Fehlzeiten, weniger Produktivität und Burnout.
Rund zwei Drittel im Urlaub erreichbar
Flexibilität am Arbeitsplatz kann allerdings auch seine Schattenseiten haben – und zwar dann, wenn sie Arbeitnehmern abverlangt wird. Laut einer repräsentativen Umfrage des Marktforschungsinstituts Yougov in Kooperation mit der Initiative Neue Qualität der Arbeit unter 2042 Personen (darunter 1030 Erwerbstätige) in Deutschland werden 66 Prozent der Befragten nach Feierabend wegen beruflicher Themen kontaktiert, 46 Prozent auch am Wochenende und 37 Prozent sogar im Urlaub.
Dass viele Arbeitnehmer selbst im Urlaub Smartphone, Tablet und Co. nicht aus der Hand legen, um für Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden erreichbar zu bleiben, legt auch eine repräsentative Umfrage des Digital-Branchenverbandes Bitkom unter gut 1200 Personen ab 14 Jahren nahe. Dabei gaben mit 64 Prozent sogar rund zwei Drittel der befragten Berufstätigen an, im Sommerurlaub dienstlich erreichbar zu sein.
Im Vergleich zum Vorjahr, als noch 71 Prozent eine ständige Erreichbarkeit im Urlaub konstatierten, ging die Anzahl der Arbeitnehmer, die nicht abschalten, somit etwas zurück, bewegte sich aber immer noch auf hohem Niveau, so der Verband.
Manche Mitarbeiter müssen erreichbar bleiben
Das wirft bei vielen Arbeitnehmern immer wieder die Frage auf, ob sie in ihrer Freizeit überhaupt erreichbar sein müssen. Zwar dürfen Beschäftigte nach geltendem Arbeitsrecht dienstliche Nachrichten während ihres Urlaubs ignorieren.
Doch für viele ist das unmöglich, so die Erhebung – zumal 70 Prozent der von Yougov befragten Beschäftigten bemängeln, dass es in ihren Betrieben keine klaren Regeln zur Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeiten gibt.
Im Regelfall müssen Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit, zum Beispiel im Urlaub und an Feiertagen, nicht erreichbar sein. Das Arbeitszeitgesetz gilt allerdings nicht für leitende Angestellte.
Ältere Arbeitnehmer schneller gestresst
Vor allem jüngere Arbeitnehmer scheinen mittlerweile umzudenken und ihre Rechte auch wahrzunehmen: Mit 39 Prozent an Zustimmung schalten rund vier von zehn der vom Bitkom befragten Berufstätigen zwischen 14 und 29 Jahren im Urlaub beruflich komplett ab. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 30 Prozent, bei den über 50-Jährigen 34 Prozent.
Das verwundert etwas, lassen sich ältere Arbeitnehmer von der Dauer-Erreichbarkeit durch neue Technologien doch mehr unter Druck setzen, als jüngere Kollegen. Zwar gaben 39 Prozent der Befragten der Bitkom-Erhebung an, dass Smartphones und Internet ihren Job stressiger machen. Jüngere Arbeitnehmer leiden nach eigenen Angaben allerdings weniger unter ständiger Erreichbarkeit als ältere Arbeitnehmer. So gibt die Hälfe der für die Initiative Neue Qualität der Arbeit befragten 18- bis 24-Jährigen an, dass Smartphones und E-Mails ihre Arbeit weniger stressig machen. Bei den über 55-Jährigen liegt dieser Anteil nur bei 30 Prozent.