Kita-Streik : Mit dem Kind ins Büro
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Ein Spielplatz am Schreibtisch: Arbeitsalltag zwischen Lego und Computer Bild: Picture-Alliance
„Notfalls können berufstätige Eltern ihre Kinder auch mit an den Arbeitsplatz nehmen“, heißt es während des Kita-Streiks allerorten. Monika Klintworth nahm es wörtlich. Kann das wirklich funktionieren?
Die Kita-Erzieherinnen im Streik, keine Großeltern vor Ort und auch sonst niemand in Reichweite, der mal kurzfristig aufs Kind aufpassen könnte. „Notfalls können berufstätige Eltern ihre Kinder auch mit an den Arbeitsplatz nehmen“, heißt es derzeit allerorten von Seiten der Unternehmen. Monika Klintworth nahm es wörtlich. Seit diesem Montag geht sie gemeinsam mit ihrem fünf Jahre alten Sohn Laurin ins Büro. Laurin fand das aufregend - zumindest als er zum ersten Mal von dem Plan hörte. Mittlerweile weiß er, dass die Arbeit, die seine Mutter vier Tage die Woche erledigt, während er im Kindergarten spielt, vor allem darin besteht, stundenlang auf Zahlen auf einem Computerbildschirm zu starren.
Monika Klintworth ist im Bereich Konzernrechnungswesen des Handelskonzerns Otto in Hamburg tätig. Ebenso wie viele Tausend andere Mütter und Väter in Deutschland kann sie momentan ihr Kind auf Grund des Kita-Streiks nicht in die Betreuung bringen. Also nimmt sie den Sohn kurzerhand mit ins Büro. Ihr Arbeitgeber macht ihr das einigermaßen leicht: Das Unternehmen hat ein so genanntes „Kinderzimmer“; das ist ein Eltern-Kind-Büro, in dem es mehr Platz für die kleinen Begleiter und jede Menge Spielzeug gibt.
„Trotzdem hatte ich anfangs natürlich meine Zweifel, ob das funktionieren kann“, berichtet Klintworth. „Und in den ersten Stunden war es auch ein bisschen schwierig. Laurin hat mich ständig wegen irgendetwas angesprochen. Doch ich musste ja eigentlich arbeiten.“ Klintworth hatte sich sogar Büro-Spiele für Laurin überlegt. „Er kann ja mittlerweile schon die Zahlen lesen“, berichtet sie. „Ich wollte ihn einfache Arbeiten ausprobieren lassen, wie zum Beispiel Zahlen auf Rechnungen vergleichen oder Belege abstempeln. Aber er hatte gar kein Interesse daran.“ Nach einer kleinen Eingewöhnungphase und einem Frühstück in der Betriebskantine fand sich Klintworths Sohn aber besser damit ab, dass seine Mutter nicht die ganze Zeit für ihn da sein konnte. Laurin baute einen Lego-Bauernhof, Monika Klintworth tauchte in ihre Zahlen ein.
Eine Option auch ganz ohne Streik?
Ist das nicht eigentlich mal ganz schön? Den ganzen Tag Seite an Seite mit dem Kind, es nicht abgeben zu müssen und trotzdem arbeiten zu können? Wäre das nicht auch ohne Streik eine Option? „Das regelmäßig so zu lösen wäre überhaupt nichts für mich“, sagt Monika Klintworth. „Ich gehöre nicht zu den Müttern, die ein schlechtes Gewissen haben, weil sie ihr Kind in die Kita geben. Im Gegenteil, Laurin ist glücklich dort und ich denke letztlich wird dieser Streit um die Erzieher-Löhne zu sehr auf dem Rücken der Kleinen ausgetragen.“
Dazu kam, dass Laurin nach einem halben Tag im Büro-Kinderzimmer dann trotz aller Spielmöglichkeiten die Langeweile packte. „So ganz ohne andere Kinder, die mitspielen, das war auf Dauer nichts für meinen Sohn“, berichtet Klintworth. „Da denkt er ja zwangsläufig, Mama ist ja da, warum kann Mama nicht mit mir spielen?“ Monika Klintworths Arbeitgeber sieht ebenfalls dieses Problem. Deshalb soll das „Kinderzimmer“ auch wirklich nur eine Notlösung für Eltern sein, die aus irgendeinem Grund einmal kurzfristig keine Betreuung für den Nachwuchs finden.
Für die weiteren Streiktage gibt es nun in Klintworths Firma ein „Animationsprogramm“ für mitgebrachte Kinder. Seit diesem Dienstag nimmt auch Laurin daran teil und kann in der betriebseigenen Turnhalle mit anderen Kindern spielen und toben. Monika Klintworth ist wieder an ihren normalen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Vielleicht begegnet sie ihrem Sohn zwischendurch noch einmal in der Betriebskantine. Dort gibt es nämlich in diesen Tagen sogar ein extra Kindermenü.