Smartphones im Beruf : Kollege, schalt mal ab!
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Einfach mal ausschalten? Eine gute Idee! Bild: dpa
Ständig piepst das Diensthandy, die Flut der Mails reißt nicht ab. Das gibt nicht nur Ärger mit der Familie, sondern kann auch am Arbeitsplatz stark ablenken - mit fatalen Folgen, wie das Zugunglück in Bad Aibling gezeigt hat.
Die Regeln werden vom ersten Tag an klar kommuniziert“, sagt Martin Brandes. Die wichtigste lautet: „Die Nutzung von Smartphones am Arbeitsplatz ist nur in den Pausenzeiten gestattet.“ Brandes ist Ausbildungsleiter von Lufthansa Technik, und die Vorgaben gelten ausnahmslos für jeden seiner 135 angehenden Fluggerätemechaniker und -elektroniker. Für die Arbeit an Flugzeugen zählt „null Fehlertoleranz“, und da ist jede Form von Ablenkung zu vermeiden. Außerdem handelt es sich um einen sehr sensiblen Bereich am Frankfurter Flughafen, an dem Fotografieren strikt untersagt ist. Schon daher müssen die Smartphones im Spind bleiben. Für den Umgang mit den neuen Kommunikationsmitteln im Rahmen der Ausbildung wurde vor fünf Jahren ein Medienraum eingerichtet, in dem die Auszubildenden im Internet recherchieren oder ihre Dienstreisen buchen können. Aber auch hier gibt es klare Vorgaben. Auktionsgeschäfte im Internet sind während der Arbeitszeit zum Beispiel verboten.
Die Einhaltung der Regeln funktioniert gut, findet Brandes. Disziplin und Konzentration stünden bei Lufthansa Technik an erster Stelle. In der Regel hielten sich alle daran. Natürlich kennt er Begriffe wie „Internetsucht“ und weiß, welche Bedeutung das Smartphone für viele Jüngere hat. Was einer in seiner Freizeit macht, gehe das Unternehmen auch nichts an. „Aber wir legen schon Wert auf muntere Azubis“, sagt Brandes, schließlich werde vom zweiten Lehrjahr an im Schichtbetrieb gearbeitet. Im Austausch mit Berufsschulen und anderen Unternehmen bekommt er mit, welche Herausforderungen sich im Umgang mit dem digitalen Wandel ergeben. Mancher Handwerksmeister klagt darüber, dass seine Lehrlinge nur am Smartphone produktiv seien. Auch Brandes merkt Veränderungen an den Auszubildenden: „Die Feinmotorik ist nicht mehr so ausgeprägt“, sagt er. Früher habe man noch an Fahrrädern oder Mofas gebastelt, das tue heute kaum noch jemand. Dafür seien die Jugendlichen heute alle sehr flink am Handy - der berühmte Smartphone-Daumen lässt grüßen.
Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft verändert die Menschen - macht sie sie auch krank? Die Berliner Charité-Klinik startet gerade ein Forschungsprojekt, das untersucht, „ob die Technologie Internet psychische Erkrankungen hervorruft oder negativ beeinflusst“. Das arbeitgebernahe Institut für angewandte Arbeitswissenschaft sagt angesichts einer steigenden Bedeutung von Industrie 4.0 und Digitalisierung eine „weiter wachsende Sensibilisierung hinsichtlich der psychischen Gesundheit der Beschäftigten“ voraus.
Zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf die Gesundheit von Berufstätigen haben vor kurzem Wissenschaftler der Universität St. Gallen im Auftrag der Krankenkasse Barmer GEK eine repräsentative Studie vorgelegt. Sie fanden heraus, dass die Digitalisierung der Arbeitswelt und permanente berufliche Erreichbarkeit durch Smartphone & Co. das Familienleben belasten und sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Dazu zählten Einschlafschwierigkeiten, Kopf- und Rückenschmerzen sowie Erschöpfung. Außerdem sei gut jeder fünfte Konflikt zwischen Familie und Beruf auf die Digitalisierung zurückzuführen.