Schrille Personalkampagnen : Aufmerksamkeit um jeden Preis
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Ist das schlau: Plakatwerbung für die Lehrersuche in NRW. Bild: Ströer
Wer Fachkräfte sucht, muss kreativ sein. Aber kann man auch übers Ziel hinausschießen? Wir haben ein paar schrille Kampagnen gesammelt.
Mit Agententhriller-Charme
Im Buhlen um begehrte IT-Fachkräfte muss man sich schon etwas Besonderes einfallen lassen. Das dürften sich auch die Marketing-Profis der Schwarz-Gruppe gedacht haben: „Bist du bereit für Großes?“, heißt es da unter dem Youtube-Video der Muttergesellschaft von Lidl und Kaufland. Wer will das nicht sofort mit einem inbrünstigen „Ja!“ beantworten? Erst recht, wenn einem ein betont lässiger Manager in einem dunklen, War-Room-artigen Büroflügel zu epischer Musik erklärt, man sei heute hier, weil man zu den Besten der Besten gehöre. Der Manager geht auf fünf junge IT-Leute zu, die an einem Tisch zwischen allerlei Rechnern herumlümmeln. Ohne Umschweife verkündet er ihnen den Auftrag: die Schwarz-Gruppe hacken. „Big Data, Cloud-Anwendungen, Industrie 4.0 – das komplette Paket.“ Muss ja ganz schön auf Zack sein, dieses Unternehmen! So sehr, dass den IT-Profis schnell die Ideen ausgehen, wie sie ins System kommen sollen. Da schlägt wieder die Stunde des Managers, der sich jetzt – oh Wunder – als Schwarz-Mann entpuppt und der konsternierten Truppe rät: „Ganz einfach, Sie bewerben sich bei uns.“ Doch im Abspann folgt die schlechte Nachricht: „Die im Film gezeigten Situationen und Charaktere sind rein fiktional.“ Na toll, dann landet man wohl doch wieder im schnöden Großraumbüro. Wahrscheinlich auch noch neben einem Kollegen, der diesen Spruch allen Ernstes lustig findet: „Bei den Dreharbeiten zu diesem Film sind keine Firewalls zu Schaden gekommen.“
Flotte Sprüche für Lehrer
Das ist schon eine ordentliche Hau-drauf-Rhetorik, mit der hier ausgerechnet bildungsbeflissene Lehramtskandidaten angesprochen werden sollen: Im Bus Richtung Aachener Innenstadt hängt ein schlichtes Plakat mit dem Satz: „Wirste Lehrer? Machste schlauer!“ Darunter informiert das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Internet gibt es weitere Hammer-Sätze. „Vom Lehrer-Liebling zum Lieblingslehrer? Läuft bei Dir!“ Zum Glück folgen danach sachliche Informationen. Ganz frei von nur halblustigen Wortspielen sind diese Texte aber auch nicht, etwa, wenn unterstellt wird: „Du bist auf der Suche nach einem Großraumbüro mit Klasse.“ Der Leser erfährt zwar Nützliches, etwa über Chancen im Grundschullehramt, allerdings unter der Anmoderation: „Dann bring die ganz Kleinen groß raus, mach sie fit für die Zukunft.“ Ein weiterer schöner Spruch aus der Kampagne: „Die Antwort auf alle Fragen? Biste immer!“ Aufmerksamkeit schafft das ohne Zweifel. Aber ist das klug, Menschen, die Bildung vermitteln sollen, derart umgangssprachlich anzusprechen? Wohlgemerkt, gesucht werden Lehramtskandidaten, nicht Azubis fürs Friseurhandwerk, wo eine Meisterin ihres Fachs klasse Haare schneiden kann, es „mit der Sprache aber nicht so drauf hat“, wie sie zugibt, und in ihrem Salon plakatiert: „Wir suchen Azubis und bieten hairliche Aussichten, bei uns schneidest du mega ab!!!“
Bettruhe im Dienst der Wissenschaft
Die meisten Stellenanzeigen zeichnen sich dadurch aus, dass sie gewisse Anforderungen an den Bewerber stellen. Nicht so eine Ausschreibung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Hier werden Menschen gesucht, die eigentlich nur eines gut können müssen: liegen. Für eine Studie über die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den Körper im Auftrag von NASA und ESA werden Probanden gesucht, die 60 Tage lang nichts anderes tun, als im Bett zu liegen. Entsprechend kurz ist die Liste der vorausgesetzten Fähigkeiten: Wer weiblich oder männlich ist, gesund, zwischen 25 und 55 Jahren alt, zwischen 153 und 190 Zentimetern groß und Nichtraucher, ist dabei, gute Deutschkenntnisse werden auch erbeten. Gewöhnungsbedürftig ist freilich der Gedanke, zwei Monate lang alles im Liegen zu verrichten: Duschen, Lesen, Fernsehen, Gymnastik und sogar zur Toilette „gehen“ – zudem ist der Kopf konstant um sechs Grad nach unten geneigt. „Das Forschungsteam achtet darauf, dass du nicht aufstehst oder den Kopf hebst“, versichert das DLR. Das mag zwar ein wenig nach Folter klingen, umso lohnenswerter ist die Aufwandsentschädigung von stolzen 16 500 Euro. Zudem heißt es in der Ausschreibung: „Beeindrucke Freunde und punkte bei Arbeitgebern.“ Oder auch: „Während der Studie kannst du dir in Ruhe darüber klar werden, welche Ziele du künftig erreichen willst“ – vielleicht ja Astronaut werden? Das beste aber: Kochen, Wäsche waschen, Einkaufen, Arbeiten oder Studieren – „darum brauchst du dir keinen Kopf zu machen“ – das wiederum klingt wirklich sehr verlockend.
Stellen- und Kontaktanzeige in einem
Dass Landärzte Mangelware sind, wissen wir mittlerweile. Da ist die Gemeinde Kollnburg im Bayerischen Wald keine Ausnahme. Idyllisch gelegen ist der staatlich anerkannte Erholungsort, einen Arzt gibt es dort aber nicht, schon seit den neunziger Jahren nicht mehr. Die Kassenärztliche Vereinigung stuft Kollnburg als „unterversorgt“ ein. Aber vielleicht nicht mehr lange. Denn im vergangenen Monat schaltete die Gemeinde eine durchaus ungewöhnliche Anzeige im „Deutschen Ärzteblatt“: Gesucht wird darin ein Hausarzt oder eine Hausärztin für die „Urlaubsregion Arberland“ – und dann folgt noch ein „Geheimtipp“: „Die Bürgermeisterin ist noch unverheiratet.“ Es kam zu einer wahren Berichterstattungsflut: Von „Süddeutscher Zeitung“ bis „Westdeutscher Allgemeine“ – überall im Land fanden Journalisten die Anzeige so lustig, dass bald einfach jeder wusste, wie es um die medizinische Versorgung der Kollnburger steht. Mehr noch: Josefa Schmid, die 45 Jahre alte FDP-Bürgermeisterin des Ortes, berichtet, dass auch das Wall Street Journal bei ihr anfragte und dass sich Berichte über die Anzeige sogar in indischen Zeitungen wiederfanden. Schmid ist damit übrigens nicht zum ersten Mal in der Öffentlichkeit aufgefallen. Sie sang schon in Casting-Shows und machte Schlagzeilen als Whistleblowerin im Zusammenhang mit den Anschuldigungen rund um das Bremer Bamf. Und die Landarzt-Geschichte? „Es gab ein Dutzend Bewerbungen aus Deutschland und noch mehrere aus dem Ausland“, sagte Schmid der F.A.Z. Vier Personen seien nun in der engeren Auswahl. Für eine neue Hausarztpraxis wohlgemerkt, nicht als Heiratskandidat.
Immer dieses Internet!
So selbstironisch hat man die CDU selten erlebt. Überraschend witzig ist die Stellenausschreibung, die sie am 9. September auf Facebook veröffentlichte. Zu sehen: das Foto eines uralten, verstaubten Computers, darüber die Zeile: „Wir suchen Mitarbeiter, die sich mit diesem Internet auskennen.“ In der mit Sternchen versehenen Fußnote wird Bewerbern ein verlockendes Angebot gemacht: „Wer die Stelle bekommt, darf sich das Amthor-Video zu Rezo anschauen!“ Damit spielt die CDU auf das im Mai veröffentlichte Video des Youtubers Rezo an, in dem er die Partei scharf kritisierte. Ursprünglich wollte sich der Nachwuchspolitiker Philipp Amthor schlagfertig geben und mit einem eigenen Video antworten. Zu einer Veröffentlichung des Videos kam es aber nicht. Seitdem muss die CDU immer wieder Kritik wegen ihres Umgangs mit den sozialen Medien einstecken. Damit könnte nun Schluss sein, denn die Stellenausschreibung kommt bei den Nutzern gut an: „Ich bin zugegeben ein bisschen überfordert, dass die CDU tatsächlich witzig sein kann“, lautet ein Kommentar. „Also die Selbstironie ist zumindest mal ein guter Anfang“, schreibt ein anderer Nutzer. „Darf ich meine Bewerbung auf Diskette abgeben?“, fragt ein weiterer. Die CDU antwortet darauf: „Vorzugsweise per Brieftaube.“ Da kann man nur sagen: Mindestens einen Mitarbeiter, der sich mit „diesem Internet“ auskennt, scheint die CDU ja doch schon zu haben.