Nach 36 Jahren : Schraubenhersteller Würth bekommt erstmals einen Betriebsrat
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Auf dem Weg zur Betriebsversammlung: Würth-Mitarbeiter am Montag Bild: dpa
Die Weichen für eine Arbeitnehmervertretung im Schraubenkonzern Würth sind gestellt. Handlungsbedarf sieht die IG-Metall gleich in mehreren Bereichen.
Nach 36 Jahren steht bei der Muttergesellschaft der in Künzelsau ansässigen Würth-Gruppe eine Zäsur an. Die Adolf Würth GmbH & Co. KG mit ihren knapp 7200 Beschäftigten in Deutschland soll erstmals einen Betriebsrat erhalten. Etwa 2000 Beschäftigte des Unternehmens aus ganz Deutschland kamen am Montag im Carmen-Würth-Forum, der unternehmenseigenen Veranstaltungshalle, zu einer Betriebsversammlung zusammen, um die Weichen für die Wahl einer Arbeitnehmervertretung zu stellen. Mehrere Würth-Mitarbeiter hatten sich in den vergangenen Wochen für so ein Gremium starkgemacht und zur entscheidenden Versammlung eingeladen. Dort wurde nun auch der dreiköpfige Wahlvorstand bestimmt. Nun seien die Grundlagen für die Betriebsratswahl gelegt, teilte die Gewerkschaft IG Metall mit.
In den kommenden Wochen werden die Kandidaten für die eigentliche Betriebsratswahl aufgestellt. Das Gremium wird wohl künftig 35 Mitglieder haben. Bislang wurden die Mitarbeiter der Kerngesellschaft der Würth-Gruppe durch einen Vertrauensrat mit 31 gewählten Personen ohne gesetzliche Rechte und Pflichten vertreten. Mit dem Gremium vereinbarte die Geschäftsleitung nach eigenen Angaben beispielsweise Regelungen zur Entgeltstruktur, freiwilligen Sozialleistungen, Fragen der Arbeitszeit, Suchtprävention oder auch Arbeitssicherheit.
Eigentümerfamilie steht hinter Entscheidung
Der erste Bevollmächtigte der IG Metall in Schwäbisch Hall, Uwe Bauer, sagte, er selbst sei schon rund eineinhalb Jahre mit Würth-Mitarbeitern über die Gründung eines Betriebsrats im Gespräch gewesen. Die Gewerkschaft habe einige Mitglieder in dem Betrieb. Die Zahl nannte er nicht. Zur Betriebsversammlung hätten aber keine IG-Metall-Mitglieder eingeladen. Bauer sieht Schwierigkeiten bei Würth etwa bei den Arbeitszeiten, Pausen, aber auch beim Kündigungsschutz für ältere Mitarbeiter in der Logistik.
Der Geschäftsführer des Stiftungsunternehmens, Robert Friedmann, hatte Anfang Mai erklärt: In fast allen der 130 deutschen Gesellschaften der Würth-Gruppe gebe es eine Mitarbeitervertretung - allerdings zählt er dazu auch Vertrauensräte. Betriebsräte finden sich allerdings nur in einigen Teilen der Gruppe, beispielsweise in übernommenen Unternehmen wie Hahn & Kolb, Uni Elektro, Fega & Schmitt. Bei Würth Elektronik wurde 2016 ein Betriebsrat gewählt. In der Zentrale stand das bislang außer Frage, dort gab es nur den Vertrauensrat. Nach den Angaben von Friedmann steht die Eigentümerfamilie Würth „zu 100 Prozent“ hinter der Gründung eines Betriebsrats für die Muttergesellschaft.
Zuletzt nahm das Thema an Fahrt auf. Eine Gruppe von Betriebsratsbefürwortern hatte die Angelegenheit vor einigen Wochen öffentlich gemacht. Einem der Initiatoren, Daniel Hurlebaus, hatte das Unternehmen gekündigt.Würth wirft Hurlebaus, der in der AfD aktiv ist, nach eigenen Angaben einen schweren datenschutzrechtlichen Verstoß vor. Dem Unternehmen zufolge gehen aus verschickten Links Verbindungen zur Arbeitnehmervertretung „Zentrum Automobil“ hervor, die sich zum Ziel gesetzt habe, rechte Betriebsräte in Unternehmen zu fördern. Hurlebaus selbst hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Streit wird nun vor dem Arbeitsgericht ausgetragen. Auf Facebook äußerten sich Nutzer, die sich als Würth-Mitarbeiter betiteln, gegenüber der Gruppe um Hurlebaus kritisch. Vor allem um den internen Querelen ein Ende zu setzen, waren schließlich andere Würth-Mitarbeiter angetreten und hatten zur entscheidenden Betriebsversammlung eingeladen. Drei von ihnen stellen nun den Wahlvorstand.