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Rückkehr nach Elternzeit : „Raus aus der Mutti-Ecke!“

  • -Aktualisiert am

Eine Frau mit ihrem Sohn auf einem Spielplatz. Bild: picture alliance / dpa Themendie

Die Rechtsanwältin Sandra Runge gibt Eltern Tipps rund um Schwangerschaft und Beruf, Elternzeit und Wiedereinstieg. Im Interview verrät sie, warum aus ihrer Sicht Homeoffice nicht unbedingt die Gleichberechtigung fördert.

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          Frau Runge, fast jede vierte Mutter von Kindern unter 6 Jahren ist in Elternzeit, aber von den Vätern nur jeder sechzigste. Warum gibt es im Jahr 2022 immer noch diesen krassen Unterschied?

          Es ist bitter, aber Elternschaft wird immer noch nicht gleichberechtigt gelebt. Dabei scheinen einige Männer das heute durchaus zu wollen: Gemäß „Väterreport“ 2021 möchte immerhin jeder zweite Vater die Hälfte der Kinderbetreuung übernehmen. Aber die Realität sieht anders aus: Nur in knapp jedem sechsten Fall kümmern sich die Eltern 50:50 um den Nachwuchs.

          Was ist Ihre Erklärung dafür?

          Zum einen traditionelle Rollenmodelle. Es wird als selbstverständlich angesehen, dass die Frau für den Nachwuchs zuständig ist. Oft sind es leider auch finanzielle Gründe, was ich nachvollziehbar finde. Der Mann verdient leider in vielen Fällen mehr, und dann bleibt die Frau zu Hause mit dem Kind – vor allem wenn es finanziell eng werden könnte. Auch das Elterngeld fördert, dass die Frau länger zu Hause bleibt.

          Inwiefern?

          Eltern bekommen 14 Monate Elterngeld. Davon kann ein Elternteil bis zu 12 Monate nehmen. Meistens schöpft die Mutter diese 12 Monate voll aus, insbesondere dann, wenn sie weniger verdient. Der Vater beantragt dann nur die übrigen zwei „Vätermonate“. Damit entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Fürsorge- und Erwerbsarbeit.

          Ihre Lösung?

          Anreize für eine gleichberechtigte Aufteilung. Zum Beispiel bekommt das Paar die 14 Monate Elterngeld nur dann, wenn der eine mindestens 5 Monate zu Hause bleibt. Oder der Staat zahlt 18 Monate, wenn jeder 9 Monate bleibt. Solche Regeln hätten den positiven Nebeneffekt, dass sich Männer mehr um den Nachwuchs kümmern und die Frauen sich eher um einen Wiedereinstieg in den Job bemühen. Aber dann müsste auch die Kinderbetreuung stimmen: ausreichend Kita-Plätze und Betreuungszeiten, die auf die Bedürfnisse von Eltern ausgerichtet sind. Dazu eine Aufwertung und mehr Geld für Erzieher und Kita-Träger.

          Was raten Sie Eltern?

          Vor der Babypause Zwischenzeugnis erstellen lassen. Sich genau seine Stelle und seine Position beschreiben lassen, was man tut und an welcher Stelle man im Unternehmen steht – dann hat man klare Argumente, wenn der Arbeitgeber sagt, die Stelle sei plötzlich nicht mehr da. Sich Zusagen wie „Kein Problem, dass Sie später Teilzeit arbeiten“ schriftlich geben lassen, am besten auf Papier mit Unterschrift. Eine Rechtsschutzversicherung abschließen, damit man sich im Fall der Fälle leisten kann zu klagen. Drei bis vier Monate vor dem Wiedereinstieg um ein persönliches Gespräch beim Arbeitgeber bitten. Als Paar sich Gedanken machen, wie man sich Elternzeit und Wiedereinstiege vorstellt, Vereinbarungen treffen und idealerweise auch schriftlich festhalten.

          Haben Sie auch einen speziellen Rat an Frauen?

          Mutiger zu werden! Klare Forderungen stellen: „Ich setzte jetzt aus für die Kinder. Dafür möchte ich eine Lebensversicherung oder dass du mir das Haus überschreibst.“ Homeoffice ist gut, aber bitte nicht nur. Man muss sich zeigen, sich wieder behaupten, Gespräche persönlich führen. Sitzt man auch nach der Kinderpause zu Hause, wird man noch mehr in die Mutti-Ecke gesteckt. Und vor allem: Hat man das Gefühl, wegen seiner Elternschaft diskriminiert zu werden, muss man sich dagegen wehren.

          Sandra Runge ist Rechtsanwältin in Berlin und hat zwei Söhne. Sie berät zu Benachteiligungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Elternzeit und Rückkehr.

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