Mitarbeiterwohnen : Arbeitsplatz + Wohnung = Traumjob
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Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Schön wär’s, wenn isich einfach der Chef darum kümmerte. Bild: dpa
Unternehmen versuchen immer häufiger, ihren neu angeheuerten Fachkräften bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen – vor allem in den Großstädten. Lohnt sich das?
In einer Zeit, in der die Wohnungspreise immer neue Höhepunkte erreichen rückt ein Engagement von Unternehmen mehr und mehr in den Blick, das in der Öffentlichkeit bislang wenig Beachtung fand: das Mitarbeiterwohnen. Gemeint ist, dass Unternehmen ihren Beschäftigten nicht nur einen attraktiven Job bieten, sondern sie auch in eigenen Gebäuden meist günstig wohnen lassen. Das dient der Mitarbeiterbindung - und sorgt zugleich für Entlastung auf dem in Ballungszentren überhitzten Wohnungsmarkt.
„Wirtschaft macht Wohnen“ heißt eine im Jahr 2016 zum ersten Mal veröffentlichte Studie des Berliner Forschungsinstituts „Regiokontext“. Im Fokus der Umfrage von 55 Unternehmen - vom Dax-Konzern hin zum mittelständischen Bäckereibetrieb - stand das wohnungsbezogene Engagement von Arbeitgebern. Vor allem an Orten, wo die Mieten für viele Arbeitnehmer kaum noch zu bezahlen sind, erscheint das sinnvoll, etwa in München, Köln, Frankfurt oder in Berlin.
„Beflügelt wird das Engagement durch den angespannten Wohnungsmarkt sowie den Mangel an Fachkräften“, erklärt Simon Wieland, Studienleiter bei Regiokontext. Mitarbeiterwohnungen seien der Versuch, für den Betrieb zu punkten, Fachkräfte anzulocken und langfristig zu binden.
Keine „Werkswohnung“
Gesprochen wird oftmals fälschlicherweise von einem „Comeback“ der alten Werkswohnung, wie man sie noch von Standorten des einstigen Kohleabbaus kannte. „Aber mit dem Prinzip der sozialen Verantwortung für die eigene Belegschaft, wie es unter anderem Tradition bei Werkswohnungen war, hat das neue Konzept nichts zu tun“, betont Ulrich Ropertz, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes. Auch sei man von einem bundesweiten Boom noch weit entfernt. Die Initiativen seitens der Unternehmen, die in der Studie dargestellt werden, seien noch Leuchttürme. Dennoch: „Es geht und zahlt sich aus“, freut sich Ropertz.
Beispielsweise hat Audi in Kooperation mit einem kommunalen Wohnungsbauunternehmen in Ingolstadt 39 möblierte Einzimmerwohnungen fertiggestellt. 30 davon sind nur für Audi-Mitarbeitende in Ausbildung, dualem Studium und anderen Qualifizierungsmaßnahmen reserviert. Mit 410 Warmmiete inklusive Internet und Strom ist das attraktiv.
Das Ahlbeck & Spa-Hotel auf Usedom hat große Probleme, genügend Fachkräfte zu finden. Deshalb vermietet die Personalabteilung den Mitarbeitern jetzt Wohnungen in der direkten Nachbarschaft zum Hotel. Vier Häuser wurden errichtet, die Hausverwaltung und Vermietung übernimmt die Hotelführung selbst. Drei Häuser sind mit Hotelmitarbeitern und Lehrlingen belegt. Im vierten Gebäude wurden Eigentumswohnungen gebaut und verkauft. Diese Mischkalkulation ermöglicht es, die Mieten niedrig zu gestalten, heißt es.
Kooperationen mit Wohnungsbaugesellschaften
Am besten gelinge der Einstieg in ein wohnungsbezogenes Engagement in Kooperation mit Wohnungsbaugesellschaften, ist Simon Wieland überzeugt. Die Studienergebnisse zeigten, dass in Ballungsräumen das Mitarbeiterwohnen zu Nettokaltmieten von 8,79 bis 12,72 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche möglich ist. Insbesondere dann, wenn die Firmen eigenen Baugrund einbringen.
„Es ist eine Strategie, die langfristig nur moderate Rendite erwirtschaftet“, betont Jens Nagel vom schwedischen Pflege-Immobilien-Anbieter Hemsö GmbH mit bundesweit 45 Altenpflegeheimen. Dennoch lohne es sich mit Blick auf die Fachkraftsicherung: „Der Einstieg in den Wohnungsmarkt ist keine Wohltätigkeitsveranstaltung, sondern ein rein unternehmerisches Kalkül.“
Wieland bestätigt, dass das Interesse an dem Thema wachse. „Kommunen, Länder und Bund sind gut beraten, mutiger zu werden, Unternehmen pro-aktiv zu informieren und Anreize zu geben für ein Bauengagement.“
„Im Koalitionsvertrag steht, dass 1,5 Millionen neue Wohnungen entstehen sollen. Aber wer soll die bauen? Das geht nicht ohne Investoren aus der Wirtschaft“, sagt Ulrich Ropertz. Leider aber gibt es noch viele Hemmnisse. „Eine große Hürde sind unter anderem die Baugenehmigungsverfahren, die sich über zwei, drei Jahre hinziehen“, berichtet Jens Nagel. Oft ließen dann Unternehmen ihr Vorhaben fallen, zum Nachteil der Kommune, der Beschäftigten und der Region.