Medizinberufe : Wenn die Tele-Krankenschwester hilft
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Innovationsfreudig geht auch: Ein Herz für Tablets im Herzzentrum. Bild: dpa
Ein Tabletcomputer im Krankenbett. Pfleger, die sich per Internet kümmern. Ärzte, die im Netz über Diagnosen diskutieren. Wie die Digitalisierung auch in der Medizin Einzug hält. Und wie sie das Berufsbild dort verändert.
Die Zukunft der Medizin liegt im Internet. Nur in Deutschland kommt diese Erkenntnis bislang eher schleppend an. „Massive Hürden“ hierzulande bemängelt die Deutsche Gesellschaft für Telemedizin. So gebe es für Ärzte ein extensiv ausgelegtes Fernbehandlungsverbot, obwohl der Deutsche Ärztetag lediglich ein Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung beschlossen habe. Die Chance für einen Durchbruch der Technologie werde von Seiten der Politik nicht genutzt, klagen die Telemediziner.
Da kommt eine Nachricht aus Sachsen gerade recht. Nach zweijähriger Testzeit ist am Mittwoch in Dresden Deutschlands bisher größtes Telemedizin-Projekt „CCS Telehealth Ostsachsen“ offiziell in Betrieb gegangen. Die IT-Plattform soll künftig Kliniken, Ärzte und Patienten der Region vernetzen. Das Ziel: eine bessere und schnellere medizinische Versorgung der Bevölkerung. „Ob in Ballungszentren oder auf dem Land, alle sollen die gleichen medizinischen Leistungen bekommen“, sagte Sachsens Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU). Zum Auftakt übergab sie im Herzzentrum Dresden symbolisch einen speziell ausgerüsteten Tabletcomputer an einen Patienten.
Der Pilotbetrieb umfasst eine Reihe beispielhafter Anwendungen. Dazu gehören die häusliche Betreuung von Herzinsuffizienz-Patienten und die ambulante Schlaganfall-Nachsorge. Für den Projektstart wurden Krankenschwestern, sogenannte Telenurses, und Fallmanager geschult sowie geeignete Patienten eingebunden. Die können mit speziell ausgerüsteten Tablets via Videotelefonie Kontakt zu den Krankenschwestern aufnehmen. Die Telenurses überwachen täglich die Gesundheitsdaten ihrer Patienten und schalten im Zweifelfall umgehend einen Arzt ein. Derzeit sind 15 Tablets im Einsatz, bis zum Jahresende sollen es rund 50 sein.
Zwei „Telenurses“ betreuen bis zu 200 Patienten
Die Technologie stößt unter den Patienten auf Zuspruch. „Der tägliche Kontakt gibt mir ein Sicherheitsgefühl“, sagte einer am Herzzentrum. In der Einrichtung sind derzeit zwei „Telenurses“ aktiv, jede kann 150 bis 200 Patienten betreuen. Zu den medizinischen Vorteilen zählt, dass Kliniken bei der gemeinsamen Diagnose von krankhaften Geweben sehr viel einfacher kooperieren können. Sie sind in der Lage, hochauflösende Bilddarstellungen von Gewebeproben auf gesicherten Datenrouten verschlüsselt auszutauschen und in Videokonferenzen von Fachleuten erörtern zu lassen. Auf diesem Weg sei es auch Landärzten möglich, Spezialistenrat einzuholen.
Das E-Health-Projekt wurde von EU und Freistaat mit knapp 10 Millionen Euro gefördert. Projektträger sind die Carus Consilium Sachsen GmbH, eine Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums Dresden, und der Telekom-Ableger T-Systems International. Es beteiligen sich neben dem Herzzentrum zunächst das Uniklinikum der Landeshauptstadt, das Uniklinikum Leipzig, das Sächsische Krankenhaus Arnsdorf und das Klinikum Oberlausitzer Bergland in Zittau.
Dabei soll es nicht bleiben, versichern die Beteiligten. „CCS Telehealth Ostsachsen ist eine Lösung für alle“, sagte Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. Das Projekt sei nicht auf einzelne medizinische Fachgebiete und Regionen begrenzt, sondern auf nahezu alle Bereiche der Gesundheitsversorgung erweiterbar - auch weil es sich dabei um eine offene und universell einsetzbare IT-Plattform handelt. „Mit unserem gemeinsamen Telemedizin-System ist Sachsen heute in der Gesundheitsversorgung der Zukunft angekommen“, zeigte sich Telekom-Manager Axel Wehmeier überschwänglich. Er hofft auf rasche Expansion: „Ich bin mir sicher: Wir können das System schon bald ausbauen.“ Es wäre zu hoffen: Die ärztliche Direktorin des Herzzentrums, Ruth Strasser, berichtete von Erfahrungen, wonach die Sterblichkeit bei Patienten mit Herzschwäche dank des Einsatzes von Telemedizin spürbar habe gesenkt werden können.