Managerposten : Ein Blick nach innen lohnt sich
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Begehrter Arbeitsplatz: Der Chefsessel Bild: Röth, Frank
Viele Firmen suchen auf dem Markt lange nach geeigneten Kandidaten für Managerposten - sechs bis neun Monate dauert es in jedem zweiten Konzern. Oft wird das Potential der eigenen Mitarbeiter unterschätzt.
Die gesenkte Gewinnprognose verhieß nichts Gutes, und Vorstandschef Peter Löscher wurde schnell zum Gesicht der Krise des deutschen Industrieriesen Siemens. Schon kurz nachdem der Aufsichtsrat an Löschers Chefsessel zu rütteln begonnen hatte, sprachen Beobachter von seinem potentiellen Nachfolger. Vorstandsmitglied Joe Kaeser, hieß es bald, werde Löscher aller Wahrscheinlichkeit nach beerben. Wenige Tage später war der Machtwechsel schon vollzogen. Ein solcher Übergang, der zwar nicht ohne auch öffentlich ausgetragene Machtkämpfe, aber dennoch mit einer internen Regelung und fließend vonstattenging, ist eher selten.
Laut einer Studie fällt es mehr als 60 Prozent der befragten Firmen schwer, geeignete Manager zu finden. So sucht fast jeder zweite Konzern sechs bis neun Monate lang, bevor eine Stelle in den oberen Managementebenen besetzt werden kann. Das mag auch mit dem höheren Aufwand einer internationalen Personalsuche zusammenhängen. Denn aus der Erhebung geht auch hervor, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen in anderen Ländern nach Nachfolgern für die freigewordenen Posten sucht.
„Da wird mehr erzählt, als tatsächlich getan“, relativiert jedoch Joachim Sauer, Präsident des Bundesverbands der Personalmanager, dieses Ergebnis. Von einem Trend will er lieber nicht sprechen. „Man darf die Sprache nicht unterschätzen. In vielen Unternehmen wird immer noch ausschließlich Deutsch gesprochen“, gibt er zu bedenken. Weitere Hindernisse seien die Integration sowie die fremde Mentalität des ausländischen Managers. Franzosen, Engländer oder Inder wären oft nicht mit der deutschen Unternehmenskultur vertraut.
Für die Erhebung befragte die Personalberatung Intersearch Executiv Consultants 202 Geschäftsführer, Vorstände und Personaldirektoren aus Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Im Fokus standen Firmen aus dem Dienstleistungs-, Handels- und Industriesektor. Die meisten erklärten, dass die Neubesetzung nötig werde, weil der vorhergehende Manager nicht genügend Führungsqualitäten und zu wenig Anpassungsfähigkeit an das Unternehmen besessen habe. Diese Tendenz kann Sauer bestätigen.
Trotz Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung suchen etwa 60 Prozent der Firmen ohne externe Personaldienstleister nach Managern und begründen diese Entscheidung größtenteils mit den hohen Kosten. Viele zweifeln außerdem an der Zuverlässigkeit und Transparenz der Anbieter oder haben diese Möglichkeit einfach noch nicht in Erwägung gezogen. Dabei kann sich das nach Ansicht von Joachim Sauer lohnen. „Externe Dienstleister verfügen über eine gute Datenbasis, kennen die Branche und wissen, wie dort vergütet wird“, erläutert er. Ein guter Personaldienstleister rate im Zweifel auch einmal von einer Strategie ab, so Sauer. Um erfolgreich zu sein, müsse der Berater allerdings über die gewünschte Verhaltensweise des Nachfolgers Bescheid wissen. Fehlbesetzungen rührten oft daher, dass das Profil des gesuchten Kandidaten nicht genug definiert sei oder dieser nicht zur Firma passe.
Anstatt nach draußen zu gehen, sollten Personalmanager zunächst die eigenen Mitarbeiter in Erwägung ziehen. Denn sie seien mit der Unternehmenskultur vertraut. „Mit der Weiterentwicklung des Personals sollte nicht gewartet werden, bis eine Position frei wird“, so Sauer. Oft werde erst spät bemerkt, dass die eigenen Mitarbeiter nicht ausreichend für ausgeschriebene Stellen qualifiziert seien. Regelmäßige Potentialanalysen hält der Personalmanager deshalb für sinnvoll. Laut der Erhebung hat knapp die Hälfte der Firmen in der Vergangenheit solche Audits durchgeführt, um ihr Personal gezielt weiterzuentwickeln. Unternehmen, die einräumten, keine derartigen Analysen anzuwenden, wurden nach den Gründen gefragt. In den meisten Fällen fürchteten sie, dass die Ergebnisse zu Unruhen in der Belegschaft führen könnten.
Der Mann, der Siemens künftig vom Ludwig-Ferdinand-Palais am Münchner Wittelsbacherplatz aus führen wird, ist kein Unbekannter, sondern war lange Zeit der Finanzchef des Technologiekonzerns. Anders als der von außen geholte Peter Löscher hat Joe Kaeser bei Siemens Karriere gemacht. Seit 2006 regiert er mit und soll nun an der Spitze für den Aufschwung sorgen.