
Kolumne „Nine to five“ : Staatstragende Absage
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Die Zentrale der Deutschen Post in Bonn Bild: dpa
Sich in Staatsunternehmen zu bewerben ist kompliziert, eine Absage von ihnen zu bekommen auch. Denn was dort drin steht, gibt zuweilen Rätsel auf.
Frau K. hatte sich bei einem öffentlichen Arbeitgeber beworben – zum ersten Mal in ihrem Leben. Die Corona-Pandemie zwang sie, Karrierewege in Erwägung zu ziehen, über die sie bislang noch nicht nachgedacht hatte. Staatsunternehmen zahlten gut, waren systemrelevant und krisensicher. Doch schon bei der Bewerbung stellte sich ihr die erste Hürde: Ohne ein aktuelles Zeugnis könne keine Bewerbung berücksichtigt werden, stand dort glasklar.
Dabei befand sich K. in einem festen Arbeitsverhältnis, wenn sie jetzt nach einem Zeugnis fragte, würde ihr Chef doch Lunte riechen – und es ihr mit Sicherheit übelnehmen, dass sie sich nach einer neuen Stelle umschaute. K. schickte ihre Mappe trotzdem, thematisierte das Dilemma mit dem Zeugnis und versprach, eines nachzureichen.
Doch dazu sollte es nicht mehr kommen. Nach mehreren Monaten – Frau K. hatte die Bewerbung fast schon wieder vergessen – flatterte eine Absage in ihren Briefkasten. Die Begründung las sich, nun ja, kompliziert. „Bei einem Vergleich zwischen den Bewerbenden aufgrund der Analyse der aktuellen Statusämter und des Gesamtergebnisses der Bewerbungsunterlagen sowie vorliegenden Beurteilungen/Zeugnissen, den daraufhin ergänzend herangezogenen Ergebnissen des modularen Auswahlverfahrens und erfolgten Bewertung der nicht konstitutiven Merkmale unter Berücksichtigung der Bewerbungsunterlagen und des modularen Auswahlverfahrens ist Herr Xaver Meier aus dem gesamten Auswahlverfahren als der nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG am besten geeignete Bewerber hervorgegangen.“
Zwar überlegte K. noch kurz, ob sie Herrn Xaver Meier googeln sollte, um zu erfahren, wer den Job nun bekommen hatte, oder auch den Art. 33 Abs. 2 GG nachschlagen, um zu verstehen, welche Gesetzesnorm hier zitiert wurde. Dann aber ließ sie den Brief einfach rasch ins Altpapier flattern. Für schachtelsatzschreibende Chefs, deren geschwurbelte Formulierungen sie nur zur Hälfte begriff, wollte sie lieber doch nicht arbeiten. Sie wünschte Herrn Meier im Stillen für seinen „beruflichen Lebensweg“ alles Gute und hatte, genau wie es in der Grußformel des Briefes gestanden hatte, jedes „Verständnis, dass ihre Bewerbung im weiteren Auswahlverfahren nicht berücksichtigt werden konnte“.
In der Kolumne „Nine to five“ schreiben wöchentlich wechselnde Autoren mit einem Augenzwinkern über die Kuriositäten in Arbeitswelt und Hochschule.

Redakteurin in der Wirtschaft, zuständig für „Beruf und Chance“.
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