Zwischen Berühren und Anfassen
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Phyisiotherapie ist ein Beispiel: In vielen Berufen ist Körperkontakt unvermeidlich. Bild: dpa
Körperliche Kontakte sind in manchen Berufen unvermeidlich. Für Pfleger, Pädagogen, Physiotherapeuten und andere ist das ein schmaler Grat – zumal in Zeiten der Me-Too-Debatte.
Sie arbeitet in einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ihre Freizeit verbringen. Einige stammen aus schwierigen Familienverhältnissen. Andere haben eine geistige Behinderung. „Manche Kinder rufen gleich meinen Namen und umarmen mich, wenn sie zur Tür hereinkommen“, sagt die Sozialarbeiterin Jacqueline Krüger. „Sie halten mich fest, auch wenn ich weitergehen will. Sie hängen an mir, im wörtlichen Sinn.“ Ihren Kolleginnen ergeht es ähnlich. Körperkontakt ist in dieser Einrichtung nichts Ungewöhnliches. Krüger, die in Wirklichkeit anders heißt, denkt viel darüber nach, auch weil sie will, dass es den Kindern gutgeht: „Sollte ich mit ihnen ein Gespräch führen?“ Sich der eigenen körperlichen Grenzen bewusst zu sein und sie zu verteidigen sei Voraussetzung, um die eigene Würde zu bewahren, findet die 26-Jährige: „Viele Kinder haben das zu Hause nicht gelernt.“ Deshalb könnten sie zu Opfern von Übergriffen werden.
Dank der Me-Too-Debatte kommen Fälle sexueller Belästigung zur Sprache, über die Opfer zuvor lange geschwiegen hatten, sagt die Juristin Kara Preedy von der Berliner Kanzlei „Pusch Wahlig Workplace Law“. Machosprüche, etwa über die Menstruation der Kollegin, seien früher in einigen Milieus hingenommen worden. Inzwischen werde so etwas nicht mehr akzeptiert. Menschen wehren sich auch gegen körperliche Berührungen, die sie nicht möchten. Doch in vielen Berufen gehören Berührungen dazu: etwa im Friseursalon und in der Physiotherapiepraxis. Menschen, die Senioren pflegen, fassen diese an, auch im Intimbereich. Wie schützen sie sich davor, hinterher der sexuellen Belästigung bezichtigt zu werden? Kara Preedy empfiehlt, in bestimmten Situationen zu zweit zu arbeiten, um einen Zeugen zu haben. Sie sagt aber selbst, dass das nicht immer möglich sei. Angesichts von MeToo ist Körperlichkeit ein schwieriges Thema.
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