Ausstrahlung im Beruf : Charisma gesucht
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Der Schöpfer der Apple-Aura: Steve Jobs machte Modellpräsentationen zu wahren Happenings. Bild: Nina Simon
War Steve Jobs ein Charismatiker? Na klar! Manche Führungskräfte haben Charisma - andere überhaupt nicht. Aber ist das eine angeborene Eigenschaft? Oder kann man das lernen?
Charisma zu erlangen, das kostet. Der Kurs der etablierten Akademie im Münchener Süden schlägt für zwei Tage mit gut eineinhalbtausend Euro zu Buche. Ja, die Journalistin könne teilnehmen, vorausgesetzt, der Bericht werde den Veranstaltern vorgelegt, vor dem Druck, versteht sich. Die Teilnehmer legten Wert auf höchste Diskretion. Nein, danke. Dann wird es eben nichts mit der eigenen charismatischen Ausstrahlung. Aber lässt sich das überhaupt lernen?
Das Wort stammt aus dem Griechischen, ursprünglich bedeutet Charisma Gnadengabe und wird mit Gott in Verbindung gebracht. Der Soziologe Max Weber hat den Begriff später auf Herrschaft übertragen und spricht von einem charismatischen Führungsstil. Überspitzt formuliert: Kann ich mir einen Hauch Kennedy-Aura einverleiben, wenn ich ein im Kern staubtrockener, gleichwohl tüchtiger Jurist bin? Täusche ich dann nicht mich und die anderen? Wirkt das nicht aufgesetzt? Die Hamburger Psychologin Eva Wlodarek ist da weniger skeptisch. „Denken Sie an Steve Jobs. Er galt als verklemmt, hat hart an sich gearbeitet, später hingen ihm die Menschen an den Lippen. Oder Lady Di, aus der scheuen Kindergärtnerin ist die Königin der Herzen geworden.“ Dass es etwas bringt, an seiner Wirkung auf andere zu arbeiten, um sie in seinen Bann zu ziehen, sei wissenschaftlich belegt.
Die Amerikanerin Olivia Fox Cabane hat untersucht, inwieweit Spitzenmanager an ihrem Charisma arbeiten können, analysiert Methoden aus der Verhaltensforschung und testet sie für ihre Coachings. In ihrem Buch „Das Charisma-Geheimnis“ räumt sie mit dem Mythos auf, dass Charisma eine naturgegebene Eigenschaft sei. John Antonakis von der Universität Lausanne hat Tests mit Führungskräften gemacht und kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass Charisma erlernbar ist. Und der amerikanische Psychologe Ronald Riggio hat einen Fragebogen entwickelt, mit dem man überprüfen kann, wie charismatisch man ist.
Autorität, Empathie, Präsenz
Diese ganz besondere Wirkung auf andere setzt drei Kernkompetenzen voraus: Autorität, Empathie, Präsenz. Eva Wlodarek überträgt das ins Berufsleben: „Es geht also um selbstbewusstes Auftreten, um Warmherzigkeit und Interesse an anderen Menschen.“ So stünden beispielsweise Persönlichkeiten wie Gandhi oder Mandela für den Schwerpunkt Autorität, Bill Clinton hingegen habe mit großer Empathie und Zugewandtheit gepunktet. „Von ihm sagen Menschen auf Empfängen, sie hätten gedacht, sie seien die einzigen im Raum“, erklärt die Psychologin.
Die Basis, um Charisma zu entfalten, sei die eigene Persönlichkeit und Individualität, darauf könne man diese Kompetenzen entwickeln. „Mir geht es um Selbstentfaltung statt Selbstoptimierung, das ist mir zu wenig“, betont sie und formuliert den Schlüsselsatz: „Wir strahlen aus, was wir von uns denken.“ Hier zeige sich, wie entscheidend die Sozialisation sei. „Nicht nur die Eltern, alle, die daran beteiligt sind, schneiden uns bestimmte Dinge ab. Wir möchten geliebt werden und passen uns an.“ Der Preis dieser Anpassung kann hoch sein. „Wir nehmen viel auf an Urteilen, wie wir gesehen werden, und werden durch unsere Erziehung auch beeinträchtigt, so dass wir teilweise unser Licht unter den Scheffel stellen.“ Damit muss sich aber niemand abfinden, beharrt Eva Wlodarek: „Über unsere Gedanken und Gewohnheiten können wir zu demjenigen werden, der wir sind.“ Die Psychologin ermuntert zum Üben, auch weil sie davon überzeugt ist: „Charisma ist das trojanische Pferd. Wenn jemand wirklich übt, Empathie und Präsenz zu zeigen, dann wirkt das auf ihn zurück. Da bin ich optimistisch.“ (Siehe Kasten.)