Personalmanager Sattelberger : „Die Vorstandsfrau als Alibi ging in die Hose“
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Frauen belegen aber noch deutlich seltener diese Studienfächer als Männer.
Der Frauenanteil liegt mittlerweile immerhin bei 20 Prozent. Aber die zieht es schon früh in die technischen Dienstleistungsberufe, weil sie sich dort besser aufgehoben fühlen als in der Industrie.
Eine Untersuchung der Hochschule Aschaffenburg im Auftrag des Bildungsministeriums kommt zu dem Ergebnis, dass gemischte Führungsteams erfolgreicher arbeiten. Warum merken denn die Dax-Konzerne nicht, dass sich Frauen in Führung kaufmännisch rechnen?
Weil Unternehmen keine rein rationalen Veranstaltungen sind. Da geht es um Habitus und Psychologie, das sage ich Ihnen nach fast 15 Jahren in Vorstandsgremien. Da geht es um Machtkämpfe, Tauschhandel, Ehre und Status. Der Mythos, dass Großkonzerne rationale Organisationen sind, ist schon lange enttarnt.
Gibt es Hoffnung für den Mittelstand?
Nicht, wenn an der Spitze ein Patriarch alten Schlages steht. Im eher aufgeschlossenen, beteiligungsorientierten Teil des Mittelstands sind die Chancen besser.
Brauchen wir jetzt, wie von der Politik diskutiert, noch ein Gesetz für die Gleichbezahlung von Männern und Frauen?
Nein, sicher nicht. Auch die Quote ist ja nur die Ultima Ratio nach vielen Jahren Untätigkeit. Die Politik sollte nur im Extremfall intervenieren, der Sachverstand für wirtschaftliche Zusammenhänge ist dort ja oft auch nicht sehr ausgeprägt. Ein guter Personalmanager schaut sich seine Vergütungsstruktur an, und wenn es Unwuchten gibt, etwa zwischen Frauen und Männern, dann kann er nachjustieren. Dazu braucht es keinen Gesetzgeber.
Der Aufschrei über die Verdienstlücke von mehr als 20 Prozent ist aber regelmäßig groß.
Das ist aber eine falsche Pauschalbetrachtung. Rechnet man Einflussfaktoren wie die Wahl des Berufs oder der Branche raus, sind es etwa 7 Prozent. Und das hängt zum Großteil damit zusammen, dass Frauen nach der Babypause keine Karriere mehr machen und bei der Vergütung abgehängt werden. Wenn sich das ändert, schließt sich auch die Entgeltlücke. Zudem weiß man, dass Frauen anders übers Gehalt verhandeln als Männer.
Schlechter?
Sie sind bescheidener und geben sich schneller mit weniger zufrieden. Wer mal Boni-Gespräche geführt hat, der weiß, dass es da hart zugehen kann. Das liegt vielen Frauen nicht.
Das heißt, Frauen müssen für mehr Geld auch selbst eintreten?
Ja, das ist die eine Seite, und die andere ist, dass ein guter Personaler diese Unterschiede ausgleicht und nicht die Ersparnis bei den Frauen nimmt, um sie für fordernde Männer einzusetzen.
Wie lange dauert es, bis Frauen in der deutschen Wirtschaft ähnlich gute Karrierechancen haben wie Männer?
Ein früherer Praktikant hat mich vor Kurzem daran erinnert, dass ich wohl schon 1993 von der Frauenquote gesprochen habe. Das sind vom rudimentären Gedanken bis zur Umsetzung gute 20 Jahre. Wenn wir nicht wieder in eine große Wirtschaftskrise reinrauschen, was die Entwicklung erheblich zurückwerfen würde, dann gehe ich davon aus, dass es noch mal 20 Jahre dafür braucht.