Mittelständler oder Konzern : Wenn die Stellenwahl zur Qual wird
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Zu Bosch? Oder darf’s eine Nummer kleiner sein? Bild: Reuters
Lieber zum Mittelständler oder in einen Konzern? Wer Ingenieurswissenschaften studiert hat, kann sich seine erste Stelle oft aussuchen. Zwei Absolventen erzählen, wie sie ihre Wahl getroffen haben.
Absolventen der Ingenieurwissenschaften sind gefragt. So gefragt, dass sie oft zwischen mehreren Stellenangeboten wählen können. Doch was sind die Vorteile von Mittelständlern in der Provinz, was spricht für den Großkonzern? Für die 27 Jahre alte Chinesin Wanxin Ma war die Antwort schnell klar. Nach ihrem Master-Abschluss der Elektrotechnik an der Universität Stuttgart hatte sie einen genauen Plan: „Ich wollte in die Entwicklung, weil mich das Thema automatisiertes Fahren interessiert“, sagt die junge Frau, die seit gut einem Jahr beim Technologiekonzern Bosch im baden-württembergischen Abstatt tätig ist. Dort arbeitet sie mit in einem Team von 35 Kollegen an der Weiterentwicklung des Elektronischen Stabilitäts-Programms (ESP), das einzelne Räder gezielt abbremst und so das Fahrzeug auf Kurs hält, wenn es auszubrechen droht.
„Dem ESP kommt für viele Fahrerassistenzsysteme und für das automatisierte Fahren eine zentrale Rolle zu“, sagt die junge Ingenieurin, die fließend Deutsch spricht und nach ihrem Bachelor-Studium hierhin gekommen ist. Während ihres Master-Studiums absolvierte sie ein Praktikum bei ihrem späteren Arbeitgeber. Für die junge Frau spielten mehrere Aspekte eine Rolle, warum sie bei Bosch anheuerte: Ein Grund sind die künftigen Aufstiegschancen gewesen. So gibt es, wie in anderen Großkonzernen auch, ein fein austariertes System, um die Berufseinsteiger zu fördern und bei der Stange zu halten. Vor dem Karrieremachen denkt Ma aber aktuell noch an die allerersten Schritte. Sie habe sich erst einmal in ihr Aufgabengebiet einarbeiten müssen, sagt sie. Aber auch die Aktivitäten des Konzerns in China sind ein Punkt gewesen, warum sie zu Bosch gegangen ist.
Das Thema Sicherheit des Arbeitsplatzes habe bei ihr keine Rolle gespielt, beteuert die junge Frau. Auch der Verdienst war für die Software-Expertin ihren eigenen Angaben zufolge nicht der wichtigste Aspekt. Aber eins ist auch klar: Natürlich zahlen Großunternehmen höhere Einstiegsgehälter als kleinere Betriebe. Der Unterschied zwischen kleinen Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und Großbetrieben mit mehr als 5000 Beschäftigten beträgt rund 20 Prozent, wie aus der Studie Ingenieureinkommen 2014 der Fachzeitschrift VDI Nachrichten hervorgeht.
Große Konzerne haben es leichter, ihre Positionen zu besetzen
Lars Funk vom Verein Deutscher Ingenieure verweist zugleich darauf, dass es die großen deutschen Konzerne in der Vergangenheit immer leichter gehabt haben, ihre Positionen zu besetzen. Erstens sind sie fast allen bekannt. Und zweitens betreiben sie schon immer mehr Aufwand, um ihr Personal zu rekrutieren. So bekämen sie in der Regel deutlich mehr Initiativbewerbungen als der eher unbekannte Mittelständler.
Bewerber informieren sich heutzutage meist als Erstes im Internet über das Image des Unternehmens, das sie als potentiellen Arbeitgeber im Auge haben, so die Erfahrungen von Markus Weber, geschäftsführender Gesellschafter bei der in Stuttgart ansässigen Personalberatung Dr. Maier und Partner. Manche Berufseinsteiger wählen gezielt ein Großunternehmen aus, weil sie auf die „vermeintliche Sicherheit“ des Arbeitsplatzes setzen. „Aber ich habe schon viele Leute gesehen, die während Krisen entlassen worden sind.“ Deshalb sei dieses Argument nicht immer das stichhaltigste. Wichtig ist für junge Menschen, die nach der Ausbildung ihre erste Stelle suchen, auch die Frage nach der Perspektive. So gebe es in dem einen oder anderen Großunternehmen zunächst nur begrenzte Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln. Bei vielen Mittelständlern hingegen bekommen Uni-Absolventen gleich eine größere Verantwortung.