Führung : Vertrauen ist eine Papierbrücke
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Fragen Sie sich: Warum kontrolliere ich wann und wie? Bild: fotolia.com
Für Führungskräfte gilt: Bloß nicht übertreiben mit der Kontrolle der Mitarbeiter. Werden sie zu kurz gehalten, sinkt die Motivation - versteckte Kosten drohen. Vertrauen verspricht bessere Arbeitsergebnisse.
Geht es um Mitarbeiterkontrolle und Vertrauen, scheiden sich oft die Geister. Die einen halten sich an: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Die anderen setzen auf Vertrauen pur, um nicht als Kontrollfreak zu gelten. In beiden Fällen verleitet das verbreitete Verständnis der Begriffe zu dem Trugschluss, dass sich die beiden Führungsinstrumente ausschließen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Geschickt zwischen Vertrauen und Kontrolle zu balancieren, zählt zu den wichtigsten Führungsaufgaben.
„Vertrauen und Kontrolle schließen sich allenfalls in einer Liebesbeziehung aus“, sagt der Führungscoach, Marketing- und Kommunikationsberater Helmut Benze. „In der Unternehmens- und Mitarbeiterführung ist das Instrument Kontrolle vergleichbar mit der Navigation eines Schiffes. Kontrolle ist die Voraussetzung für Standort- und Kursbestimmung“, so Benze weiter. Für ihn gebe es keinen Arbeitsbereich, der es nicht wert sei, kontrolliert zu werden. Und Professor Dr. Armin Falk, Director of Research am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA), ergänzt: „Vertrauen ist keineswegs immer besser als Kontrolle. Blindes Vertrauen kann sogar gefährlich sein. Insbesondere, wenn viel auf dem Spiel steht.“
Die positiven Seiten der Kontrolle nutzen
Kaum ein Unternehmen will sich öffentlich über die eigenen Kontrollgewohnheiten äußern. „Das Wort Kontrolle ist meistens negativ besetzt, weil es ja Misstrauen signalisieren könnte“, sagt Jutta Birzer, die für das Controlling zuständige Geschäftsführerin der defacto Gruppe. Weswegen das Wort bei dem Dienstleister für CRM- und Dialoglösungen auch nur selten fällt: „Wir verwenden lieber den Begriff Controlling im Sinne von Koordinierung, Steuerung und Auswertung“, so Birzer. „Mit unserer Form der Kontrolle möchten wir die Mitarbeiter unterstützen. Sie sollen wissen, es kann nichts schief gehen, weil wir da sind, schauen, Fehler erkennen und helfen.“
Unabhängig von der Formulierung sprechen auch diese Argumente für ein positives Kontrollverständnis: „Durch Kontrolle lassen sich Leistungs- und Qualitätsmaßstäbe entwickeln. Und sie steigert die Arbeitsqualität der Mitarbeiter“, sagt Benze. „Außerdem“, so sagt Falk, „dient Kontrolle dazu, dem Einzelnen ein konstruktives Feedback zu geben und seine Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen.“ Bei defacto sieht die Praxis so aus: „Wir kontrollieren nur, wenn es um die Erreichung von Kennzahlen geht: Wie viele Stunden hat ein Mitarbeiter mit welchem Erfolg gearbeitet?“ Die Auswertungen erfolgten zwar bezogen auf das Tagesergebnis, die Bewertung und damit die Kontrolle beziehr sich jedoch nur auf das Monatsergebnis: „Denn wir haben Vertrauensarbeitszeit eingeführt. So ist es auch kein Problem, wenn eine Pause länger ausfällt, sofern das Gesamtergebnis stimmt“, so Birzer weiter.
An die versteckten Kosten des Misstrauens denken
Die entscheidende Frage heißt also: Warum kontrolliere ich wann und wie? Laut Benze ist konstruktive Kontrolle zugleich ein hartes und weiches Instrument: „Hart, weil der Kontrolle ein messbares Ziel, beispielsweise die Erreichung der Zahlen, zugrunde liegt. Und weich, weil es Erfolgsfaktoren wie Motivation, Loyalität und Identifikation mit der Arbeit stärkt.“ Diese weichen Faktoren außer Acht zu lassen, kann teuer werden. Versteckte Kosten unangemessener Kontrolle entstehen dadurch, dass besonders intensive oder unfaire Kontrolle die Handlungsspielräume - und die Motivation - der Mitarbeiter einschränkt.