Management : Frauenanteil in Vorständen erreicht Höchstwert
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Neu im SAP-Vorstand: Sabine Bendiek Bild: dpa
In den Vorständen der 30 Dax-Unternehmen ist der Anteil von Frauen erstmals über 15 Prozent gestiegen. Der Ton in den Führungsgremien werde freundlicher und wertschätzender, sagen Aufsichtsräte.
Nachdem im Herbst Warnungen für Schlagzeilen gesorgt hatten, dass der Frauenanteil in den Vorständen deutscher Großunternehmen während der Pandemie überraschend gesunken sei, zeigt sich nun doch wieder ein anderes Bild: Die Zahl weiblicher Vorstände ist auf einen Höchststand gestiegen: Von den insgesamt 681 Vorstandsmitgliedern in den börsennotierten Unternehmen sind 78 weiblich – das sind 8 mehr als noch vor einem Jahr. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auszählung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zum Stichtag 1. Januar.

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Der Anstieg zieht sich dabei durch alle Börsensegmente: In den Führungsetagen der Dax-30-Konzerne ist der Frauenanteil mittlerweile auf 15,7 Prozent gestiegen. Das ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um rund zwei Prozentpunkte. Im M-Dax stieg der Frauenanteil auf 11,2 Prozent. Hinterher hinken noch immer die im S-Dax notierten Unternehmen, allerdings stieg auch hier der Frauenanteil auf einen neuen Höchststand von jetzt 8,6 Prozent.
Für einen weiteren Anstieg dürfte der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf zur Mindestbeteiligung von Frauen in den Vorständen großer Unternehmen sorgen. Falls der Bundestag das Gesetz im Sommer wie erwartet verabschiedet, wird es laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) für 74 Großunternehmen gelten, die sowohl börsennotiert als auch paritätisch mitbestimmt sind. Etwa 30 dieser Unternehmen erfüllen die Vorgabe von mindestens einer Frau im Vorstand noch nicht und müssten daher bei der nächsten Umbesetzung eine Frau in ihr oberstes Führungsgremium befördern. Der Frauenanteil in den Vorständen der betroffenen Unternehmen dürfte in diesem Zuge von heute etwa 13 auf 21 Prozent steigen, ergibt eine Simulation des DIW.
Während Deutschland beim Frauenanteil in den Vorständen im europaweiten Vergleich noch immer hinterherhinkt, sieht es in den Aufsichtsräten anders aus: Hier ist in Deutschland schon seit fünf Jahren für Großunternehmen eine 30-Prozent-Quote vorgeschrieben. Obwohl diese Schwelle von den betroffenen Unternehmen schon 2016 erreicht wurde, steigt der Frauenanteil aber kontinuierlich weiter. Im Herbst lag er schon bei rund 36 Prozent.
Um zu erforschen, wie sich die Arbeit in den Spitzengremien durch die steigende Präsenz von Frauen wandelt, wurden 60 Mitglieder von Aufsichtsräten – darunter 30 Männer und 30 Frauen – befragt unter Zusicherung der Anonymität. Die große Mehrheit beider Geschlechter war der Ansicht, dass sich die Atmosphäre in den Gremien durch die Anwesenheit der Frauen verbessert habe: Mehrfach wurde geäußert, der Ton sei freundlicher, faktenorientierter und von mehr gegenseitiger Wertschätzung geprägt.
Mit Ellenbogen und Blessuren nach oben
Entgegen mancher Klischees fielen die Frauen in den Aufsichtsräten aber nicht durch besonders risikoaverse, altruistische und ethische Beiträge auf, heißt es in der Untersuchung, die im DIW Wochenbericht erschienen ist. Ein befragter Aufsichtsratsvorsitzender betont das hohe Selbstbewusstsein der Frauen, die sich von männlichem Gebaren nicht einschüchtern ließen: „Das sind ja Frauen, die sich in einer für sie vielleicht nicht einfachen Zeit in Unternehmen durchgesetzt haben ... Und sie haben schon viel gesehen, also schon einmal die Ellenbogen ausfahren müssen. Das merkt man dann schon. Ich find das sehr, sehr positiv“, wird er in der Studie anonym zitiert.
Eine Aufsichtsrätin der Arbeitnehmerseite erzählte in ihrem Interview von ihrer Erfahrung, dass die neu hinzugekommenen Frauen auf der Arbeitgeberseite des Aufsichtsrats weniger Furcht hätten, etwas Falsches zu fragen. Klassische Einschüchterungsversuche wie die Gegenfrage „Haben Sie es immer noch nicht verstanden?“ perlten an ihnen ab: „Die sagen dann ganz selbstbewusst: ,Solange ich es nicht verstanden habe, werde ich kein O.K. geben.‘ Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass man, wenn man es einmal in ein solches Mandat geschafft hat, relativ schmerzfrei ist. Man hat dann ja schon viele Blessuren hinter sich.“