Corona-Reiseregeln : Japan öffnet sich – ein bisschen
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Ankunft am Flughafen von Tokio Bild: AFP
Geschäftsleute dürfen wieder kommen – und doch bleibt Japan das verschlossenste Land im Kreis der großen Industriestaaten. Denn die Hürden sind weiterhin hoch.
Athleten und Trainer, Funktionäre und Journalisten – sie alle schimpften im Sommer zumindest innerlich über die strengen Anti-Covid-Regeln, die Japan den ausländischen Gästen während der Olympischen Spiele in Tokio auferlegt hatte. Jetzt nimmt Japan Maß an diesen Regeln, um die Einreise von Geschäftsleuten zu ermöglichen und zu erleichtern. Selbst wenn sie vollständig gegen das Coronavirus geimpft sind, werden ausländische Geschäftsreisende in Japan sich in den kommenden Monaten mit Aktivitätsplänen und der täglichen Erfassung von Gesundheitsdaten herumschlagen müssen.
Dabei hatte die Regierung in Tokio eigentlich gerade beschlossen, die seit Frühjahr 2020 weitgehend geschlossenen Grenzen ein wenig zu öffnen und wieder Visa an ausländische Geschäftsleute, Studenten und technische Praktikanten auszugeben. Doch mit einer Fülle an bürokratischen Vorschriften zur Abwehr des Coronavirus wird die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt weiter das verschlossenste Land im Kreis der großen demokratischen Industriestaaten der Siebenergruppe (G 7) bleiben. In Europa und in Nordamerika fallen demgegenüber zunehmend die Corona-Grenzbäume. Die Diskrepanz irritiert, hat Japan doch gemessen an der Bevölkerungsgröße mehr Menschen gegen das Virus geimpft als die großen europäischen Staaten oder die Vereinigten Staaten. Zuletzt registrierte Japan weniger als 200 Neuinfektionen am Tag.
Quarantäne von meistens zehn Tagen
Unternehmen und Wirtschaftsverbände in Japan sind besorgt, dass das Geschäft und der Standort Japan wegen der strengen Einreiseregeln im internationalen Vergleich Schaden nehmen. „Es ist positiv, dass Japan sich mit den neuen Regeln bewegt“, sagt der Chef der Deutschen Industrie-Handelskammer in Tokio, Marcus Schürmann. „Aber die Korrekturen in Richtung Öffnung sind nur minimal.“
Eine der größten Hürden ist, dass Japan bis auf Weiteres nur 3500 Ankömmlinge am Tag aufnehmen wird, um seine strengen Quarantänevorschriften durchzusetzen. Gemunkelt wird, dass die Regierung die Obergrenze schon bald auf 5000 Personen anheben könnte. Doch selbst dann würde es bei mehr als 300.000 wartenden ausländischen Studenten und Praktikanten noch Monate dauern, bis der Antragsstau abgearbeitet ist. Schürmann fordert höchste Transparenz über die Kriterien, nach denen die Visa-Anträge bei dem knappen Einreisekontingent genehmigt werden.
Vor Ausbruch der Pandemie empfing Japan am Tag durchschnittlich mehr als 100.000 Einreisende, inklusive Touristen. Diese müssen auch jetzt weiter draußen bleiben. Für Unternehmen besonders störend ist die Quarantäne von meistens zehn Tagen, die kurze Geschäftsreisen praktisch unmöglich macht. Nach den neuen Regeln kann die Pflicht zur Absonderung auf drei Tage verkürzt werden. Doch ist damit großer bürokratischer Aufwand verbunden.
Digitaler Impfnachweis fehlt noch
Unternehmen, die Geschäftsreisende aus dem Ausland einladen, müssen viele Formulare ausfüllen und einen Aktivitätsplan für die ersten 14 Tage erstellen, damit im Notfall potentielle Infektionsketten nachverfolgt werden können. Die Einreise mit verkürzter Quarantäne muss von den für die jeweilige Branche zuständigen Ministerien genehmigt werden. Erst dann kann der Reisende ein Visum beantragen. Die einladenden Unternehmen müssen ferner garantieren, dass der Einreisende alle Anti-Corona-Vorschriften einhält. Der Gast darf zum Beispiel nur öffentliche Verkehrsmittel benutzen, die reservierte Sitzplätze anbieten. Reisen im Land muss er später mit den Platzkarten dokumentieren können.
Dem größten japanischen Wirtschaftsverband Keidanren ist das alles viel zu viel. Der Verband fordert, dass voll gegen Covid geimpfte ausländische Geschäftsleute ganz ohne Quarantäne einreisen dürfen. Das sei wichtig, um die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie zu beschleunigen. Das Nachbarland Südkorea erlaubt schon seit Frühjahr 2020 die Möglichkeit zur Ausnahme von der Quarantäne. Erst seit diesem Sommer aber wird die Regelung für geimpfte Geschäftsreisende weniger restriktiv gehandhabt. Der Einreisende muss belegen, dass ein persönliches Treffen mit dem einladenden Unternehmen unabdingbar ist. Das jeweils zuständige Ministerium muss die Ausnahme von der Quarantäne genehmigen. Die Befreiung werde mittlerweile in der Regel innerhalb von zwei Wochen ausgestellt, sagt Martin Henkelmann, der Präsident der Koreanisch-Deutschen Handelskammer in Seoul. Er klagt aber über den bürokratischen Aufwand und das inflexible Verfahren, das zum Beispiel keine kurzfristige Änderung der Reisedaten zulasse.
In Japan kritisiert der Keidanren eine besondere Hürde. Der Inselstaat akzeptiert für den Nachweis der Covid-Impfung nur die drei Impfstoffe von BioNTech, Moderna und AstraZeneca. Andere Stoffe hat das Land gar nicht gegen Covid zugelassen. Wer mit Janssen oder chinesischen Präparaten geimpft wurde, kann die Quarantäne deshalb nicht auf drei Tage verkürzen. So schließt Japan chinesische Geschäftsleute faktisch aus. Die Regierung solle für die Einreise alle Impfstoffe akzeptieren, die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlen würden, fordert Keidanren.
Nachholbedarf gibt es im Hightech-Land mit seiner hohen Handy-Dichte im Covid-Schutz noch an anderer Stelle. Obwohl Japan schon seit Februar gegen Corona impft, basteln die Behörden immer noch an einem digitalen Impfnachweis. Der Wirtschaftsverband Keidanren mahnt eine international kompatible Lösung an. Die Erfahrung lehrt: Das könnte Japans Bürokratie überfordern.