Corona-Lockdown : Weniger Stress, mehr Familie
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Eine Frau arbeitet im Homeoffice. Bild: dpa
Wie haben die Beschäftigten in Deutschland die Arbeit im Lockdown erlebt? Eine neue Studie der Krankenkasse DAK kommt zu überraschenden Ergebnissen.
Für viele Beschäftigte bedeutete der Beginn der Corona-Pandemie eine Veränderung ihres Arbeitslebens um 180 Grad. Wie sie die Arbeit im Lockdown erlebt haben, dazu hat die Krankenkasse DAK am Mittwoch nun umfangreiche Daten vorgelegt – mit zum Teil überraschenden Erkenntnissen. Demnach fühlten sich die Arbeitnehmer in der Corona-Krise weniger gestresst, waren im Homeoffice produktiver und hatten mehr Zeit für die Familie.
„Arbeitnehmer empfinden das Homeoffice als Entlastung – und zwar in weit größerem Maße als vermutet“, sagte Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. Die Analyse ist Teil des diesjährigen DAK Gesundheitsreports, der eigentlich schon kurz vor Ausbruch der Pandemie fertiggestellt war, mit einem Schwerpunkt auf Digitalisierung und Homeoffice. Die mit der Studie beauftragten Forscher der Institute IGES und Forsa nutzten die Gunst der Stunde und befragten die rund 7000 repräsentativ ausgewählten Teilnehmer des Reports im April und im Mai dieses Jahres ein weiteres Mal.
Gute Work-Life-Balance
Fühlten sich vor Corona 21 Prozent der Beschäftigten regelmäßig gestresst, waren es der Studie zufolge während der Krise nur 15 Prozent. Mehr als jeder Zweite aus der Gruppe derer, die mittlerweile regelmäßig im Homeoffice arbeiten, sagte, er sei dort produktiver als im Büro, zwei Drittel gaben an, Beruf und Familie nun besser vereinbaren zu können. Positiv bewerten etwa ähnlich viele auch den Zeitgewinn durch das Wegfallen des Pendelns zum Arbeitsplatz. Die überwiegende Mehrheit möchte nach der Krise zumindest teilweise weiter von zu Hause aus arbeiten.
Vor allem die positiven Werte für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie überraschen, waren doch andere Studien zu dem Ergebnis gekommen, dass die Corona-Krise hier eher belastend wirkt. Eine AOK-Analyse zum Thema Homeoffice aus dem vergangenen Jahr wiederum hatte Erschöpfung, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen als negative Faktoren der Heimarbeit ausgemacht. DAK-Vorstandschef Andreas Storm räumte ein, wegen der Schließung von Schulen und Kitas sei das Homeoffice vor allem für junge Familien eine besondere Belastung gewesen. Trotzdem falle das Fazit unter dem Strich positiv aus – vor allem, weil
sich die Eltern ihre Arbeitszeit zu Hause besser einteilen können.
DIHK: „Wir werden nicht wieder in die Zeit von vor Corona zurückkehren“
Auch in der DAK-Studie kommt das Homeoffice aber nicht nur gut weg: So sehen es drei Viertel der Befragten kritisch, dass wenig direkter Kontakt zu den Kollegen besteht. Vor allem jungen Mitarbeitern fällt es außerdem häufig schwer, eine Grenze zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Es sei deshalb wichtig, „die positiven Aspekte des Homeoffice für die Zukunft fruchtbar zu machen, ohne die negativen zu übergehen“, sagte Storm.
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag dämpfte indes am Mittwoch die Hoffnung auf flächendeckendes Homeoffice nach Corona: „Die meisten Unternehmen lassen sich auf Dauer nicht vom Rechner aus steuern“, sagte Präsident Eric Schweitzer. Neue Geschäftspartner gewinne man nicht in Videokonferenzen. „Und wenn wir als deutsche Wirtschaft keine Monteure vor Ort schicken, wird keine Maschine aufgestellt und in Betrieb genommen. Die Geschäftsreise ist in einer globalisierten Welt immer noch ein extrem wichtiger Wirtschaftsfaktor.“
Die Arbeitswelt werde sich aber verändern, sagte Schweizer: „Wir werden nicht wieder in die Zeit von vor Corona zurückkehren. Wir haben auch gemerkt, dass wir vieles doch mobil erledigen können, was wir bis dahin nicht für denkbar gehalten haben.“
Allerdings sei es eine Illusion zu glauben, das komplette Wirtschaftsleben könne von Zuhause aus erledigt werden.