Digitalisierte Arbeitswelt : Automatisierung wird besonders die Frauen treffen
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Einfache Tätigkeiten werden häufig von Frauen gemacht - und sind besonders durch die Automatisierung gefährdet, so zum Beispiel auch die Stellen von Näherinnen. Bild: dpa
Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt, dass rund 180 Millionen weibliche Arbeitsplätze durch die Digitalisierung gefährdet seien. Allerdings sieht die Zukunft für Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht nur düster aus.
Mehr als viermal so viele Frauen, wie in ganz Deutschland leben, drohen durch die fortschreitende Automatisierung der Industrie ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Rund 180 Millionen Frauen könnten weltweit in den nächsten zwei Jahrzehnten Opfer der raschen Veränderungen in der Industrie werden, warnte der Internationale Währungsfonds (IWF) am Dienstag bei seiner Jahreskonferenz auf Bali.
In den „Fabriken der Welt“ in Asien wächst die Sorge, dass schon in ein paar Jahren die Fertigung von Bekleidung und Schuhen durch Maschinen übernommen werden könnte. Nicht nur der Sportartikelhersteller Adidas probiert mit Hilfe von Siemens die vollautomatisierte Fabrik aus. Für Länder wie Bangladesch oder Pakistan bedeutet eine breite Automatisierung ein enormes soziales Risiko - Frauen in der Lohnfertigung ernähren hier viele Millionen Familien. Allein in den 30 Mitgliedsländern der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD, einschließlich Singapur und Zypern) sei ein Zehntel aller Arbeitsplätze gefährdet, ermittelten Ökonomen des IWF. Für sie liege das Risiko, dass sie in den nächsten 20 Jahren der Automatisierung zum Opfer fielen, bei mehr als 70 Prozent.
„Hochgerechnet auf die ganze Welt kommen wir zu dem Schluss, dass 180 Millionen weibliche Arbeitsplätze einem hohen Risiko unterliegen, durch Automaten ersetzt zu werden.“ Folgt man der Rechenart des Fonds, sind zudem weitere rund 150 „männliche“ Arbeitsplätze in Gefahr, vernichtet zu werden. „Besonders die schwach ausgebildeten und älteren weiblichen Arbeiterinnen oberhalb von 40 Jahren, und jene im Dienstleistungs- und Verkaufsgeschäft sind überproportional gefährdet“, heißt es bei dem Fonds.
Schlechter für die neuen Zeiten gerüstet
Zudem werde die geringere Nachfrage nach einfachen, routinemäßigen Arbeiten die Löhne dafür drücken - was abermals Frauen träfe. Denn sie seien schlechter für die neuen Zeiten gerüstet: „Sie sind derzeit weniger vertreten in jenen Sektoren, die ein Stellenwachstum erwarten, wie Ingenieurdienstleistungen und Informations- und Kommunikationstechnik.“ Stellen, die ein hohes Maß an analytischen, kommunikativen und technischen Fähigkeiten verlangten, seien weniger gefährdet. „Arbeiterinnen besetzen weniger Stellen, bei denen analytische und zwischenmenschliche Fähigkeiten oder körperliche Arbeit verlangt werden, dafür mehr Aufgaben, die Routine, wenig Lernzuwachs und sich wiederholende Tätigkeiten mit sich bringen. Das führt dazu, dass Frauen der Automatisierung stärker ausgesetzt sind als Männer“, lautet das nüchterne Urteil.
Weil die Welle der Automatisierung, getrieben von Robotik und Digitalisierung, erst zu rollen beginnt, stehen besonders junge Menschen unter Druck. „48 Prozent der Frauen zwischen 16 und 19 Jahren sind im Hochrisikobereich der Automatisierung. Automation kann die Beschäftigung verringern, nicht indem sie Arbeiter ersetzt, sondern indem sie das Schaffen neuer Stellen in einige Sektoren verringert“, heißt es in der Studie „Geschlecht, Technik und die Zukunft der Arbeit“.
Abhilfe schafften nur die schon bekannten Rezepte: Mädchen müssten rascher und erfolgreicher an wissenschaftliche und technische Ausbildungsgänge herangeführt werden, Frauen müssten gleiche Karrierechancen wie Männer bekommen, und Regierungen müssten mit Quoten, Steuernachlässen für Weiterbildung und dem Aufbau von sozialen Netzen, die auf die neue Form der Arbeit zugeschnitten sind, steuern und helfen.
Allerdings gibt es auch für Frauen ein paar Lichtblicke: So sagt auch der Fonds vorher, dass das Stellenwachstum besonders rasch in traditionell „weiblichen Sektoren“ wie Bildung und Gesundheit voranschreiten werde. „Die weitere digitale Transformation dürfte auch zu größerer Flexibilität am Arbeitsplatz beitragen, wovon Frauen profitieren werden.“