Bewerbung : Nur in den ersten Wochen greift das Welpenschutzprogramm
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"Ich erhalte immer wieder Bewerbungsschreiben an Herrn Sylvia Knecht oder Schreiben, in denen noch der Name des Vorgängers steht", sagt Sylvia Knecht und wundert sich. Nach "Herr" sieht die verbindlich-energische Mitarbeiterin der DIS (Deutscher Industrie Service) AG nun wirklich nicht aus.
Manche Serienbewerbungen werden noch unterirdischer, indem sie sich in nichtssagenden Phrasen ergehen: "Gerne würde ich auch in Ihrem Unternehmen einer Tätigkeit nachgehen." Und in welchen anderen Unternehmen? Da waren wohl die Textbausteine verrutscht.
"Die Quantität nimmt zu, die Qualität der Bewerber nimmt ab", resümiert Sylvia Knecht, die in der Düsseldorfer Zentrale des Personaldienstleisters arbeitet, des "Marktführers in der Überlassung und Vermittlung von Fach- und Führungskräften".
Arbeitgeber bemängeln fehlende Softskills
In Anbetracht solch grober Bewerbungsfehler versagt mitunter auch Knechts rheinischer Mutterwitz. Bei dem Zeitarbeitsunternehmen gehen im Jahr rund 290000 Bewerbungen ein. "160000 Gespräche führen wir selbst", sagt die promovierte Politologin und Juristin. Wir, das sind 7000 Mitarbeiter, die einen Umsatz von 265 Millionen Euro machen und "Mittler zwischen Wirtschaft und Bewerber sind".
Sie treten zum Beispiel dann auf den Plan, wenn der Computerhersteller Dell 400 Mitarbeiter für das Businesscenter im ostdeutschen Halle einstellen möchte. Dann werden auf Recruiting-Veranstaltungen 15000 Bewerber näher angeschaut. Neben den fachlichen Voraussetzungen stehen - wie inzwischen kaum ein Unternehmen zu betonen vergißt - die weichen Eigenschaften im Fokus.
"Wir schauen intensiv auf die Softskills, denn deren Fehlen bemängeln einer Studie zufolge 25 Prozent der befragten Arbeitgeber. Unser Kunde sagt beispielsweise: Wir suchen einen technischen Leiter, der intern ein Team leiten soll. Wenn dieser nicht kommunikationsfähig ist, dann wird er scheitern. Oder er ist ein Querschläger und wäre selber gerne Leiter geworden, auch das würde schiefgehen."
Schlechtes Benehmen befremdet
Zum runden Wunschprofil gehört auch Souveränität im Auftreten, und das schließt die Kleiderfrage mit ein. Selbstverständlichkeiten, die offenbar alles andere als selbstverständlich sind. So berichtet Sylvia Knecht von einer aufgeweckten Praktikantin, die jetzt zur Bürokauffrau ausgebildet wird. Allerdings erscheint die Auszubildene gerne auch mal im bauchfreien Top unter dem Hosenanzug.
"Sie hat kein Bewußtsein dafür, daß das den Vorstand, der auch auf ihrer Etage arbeitet, befremdet. Die junge Frau lebt so in ihrer eigenen Welt, daß sie das Problem nicht sieht", sagt Sylvia Knecht. Nach ihrer Einschätzung stellt gutes Benehmen bei immer mehr jungen Leuten "ein grundsätzliches Problem dar". So wie bei dem jungen Assistenten, der ohne anzuklopfen in Büros stürmt, mit ausgebeulter Sporttasche auf Dienstreise geht oder vor dem Dessertbesteck beim Geschäftsessen kapituliert - garniert mit einem flotten Spruch.