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Putin im Pekinger Stadion : Der Mann ohne Maske

Im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan rühmte sich Putin im vergangenen Herbst „vieler Antikörper“. Bild: dpa

Während der Eröffnung der Olympischen Winterspiele im Pekinger Stadion trug Wladimir Putin als Einziger keine Maske. Außenstehende wunderte das – doch das ist die übliche Praxis des russischen Präsidenten.

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          Manche Beobachter meinten, Wladimir Putin sei vorige Woche während der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Peking eingenickt. Doch vielleicht schloss der russische Präsident absichtlich die Augen, als die Auswahl der Ukraine ins Stadion einzog. Ein Alleinstellungsmerkmal war indes offensichtlich: Als Einziger trug Putin keine Maske. Außenstehende wunderte das, war aber Putins üb­liche Praxis. Jüngst wurde sein Sprecher gefragt, warum Putin stets ohne Maske auftrete. Dmitrij Peskow antwortete, es sei „kein Geheimnis“, dass man „erschöpfende Sicherheitsmaßnahmen“ ergreife. Personen, die mit Putin „in Kontakt kommen, werden mehrfach getestet, manche von ihnen müssen eine gewisse Anzahl Tage Quarantäne absitzen. Daher setzt der Präsident in bestimmten Momenten, besonders, wenn es öffentliche Auftritte betrifft, keine Maske auf“.

          Friedrich Schmidt
          Politischer Korrespondent für Russland und die GUS.

          Zu Beginn der Corona-Pandemie, im März 2020, hatte Putin ein Krankenhaus am Rande von Moskau besucht, auch ohne Maske. Für den Besuch der Corona-Station ließ sich Putin einen gelben Ganzkörperschutzanzug mit Vollgesichts- und Atemschutzmaske anlegen; das sah komisch aus. Man hat Putin nie wieder so gesehen. Eine Woche später wurde bekannt, dass sich der Leitende Arzt, der Putin herumgeführt hatte, mit dem Virus infiziert hatte. Damals sagte Peskow, Putin sei für seinen ­Austausch mit Funktionären zum „Distanzformat“ übergegangen. Seither sind Videoschalten gängig; kommt es zu Treffen, wird auf Abstand geachtet. Jüngst scherzte der im Kreml weilende ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, er habe noch nie an einem so langen Tisch gesessen wie nun mit Putin.

          Womöglich wird einer Maske im Gesicht des „Zaren“ der Ruch von Krankheit und Schwäche zugemessen, und eine Profanation Putins gilt es unbedingt zu vermeiden.
          Womöglich wird einer Maske im Gesicht des „Zaren“ der Ruch von Krankheit und Schwäche zugemessen, und eine Profanation Putins gilt es unbedingt zu vermeiden. : Bild: dpa

          Was Letzterer gegen die Maske hat, ist unklar. Man kann nur vermuten, dass sie einem Selbstbild als Teflon-Herrscher zuwiderläuft, der vor allen Gefahren gefeit ist. Im Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan rühmte sich Putin im vergangenen Herbst „vieler Antikörper“. Sonst ist seine Gesundheit Staatsgeheimnis. Womöglich wird einer Maske im Gesicht des „Zaren“ der Ruch von Krankheit und Schwäche zugemessen, und eine Profanation Putins gilt es unbedingt zu vermeiden. Dabei ist der Mund-Nasen-Schutz auch in Russland Pflicht, etwa im Nahverkehr, in öffentlichen Gebäuden und Geschäften. Mehrfach ist versucht worden, der laxen Maskendisziplin der Russen mit Bußgeldern nachzuhelfen. Doch so, wie Peskow die Frage nach Putins Maskenpraxis auffasste, wurde klar, dass für ihn nicht eine Vorbildfunktion des Präsidenten im Kampf um die Gesundheit der Bevölkerung im Mittelpunkt steht, sondern das Herrscherwohl. Auch mit der Impfung hatte sich Putin nicht beeilt, ließ dann lange offen, mit was er sich impfen ließ und sich, anders als andere Staats- und Regierungschefs, nicht dabei filmen.

          Kritiker sehen Zusammenhänge mit Russlands niedriger Impfquote und der im Land besonders viele Opfer fordernden Pandemie. Doch solche Stimmen bleiben rar. Das als „auslän­discher Agent“ drangsalierte Online-Magazin „Republic“ fand an Peskows Antwort bemerkenswert, dass die Machthaber zwar ständig Schutz und Interessen des Volkes beschwörten. Doch in Wirklichkeit obwalte „nur die berührende Sorge um den obersten Chef“.

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