Food-Test : Innen zart, außen kross
- -Aktualisiert am
Von der Expertin zubereitet: Schnitzel, vegetarisch. Doch welche Variante ist die Beste? Bild: Andreas Pein
Wie ein richtiges Schnitzel zubereitet werden sollte, ist umstritten. Inzwischen finden sich in den Kühlvitrinen der Supermärkte auch Schnitzel in veganer Variante. Taugen die was? Thomas Platt und zwei Köche haben probiert.
Wenn von Schnitzel die Rede ist, bilden sich rasch zwei Lager. Die einen bevorzugen dünn geklopftes Kalbfleisch, die anderen Schweinefleisch, jeweils ohne Knochen. Weitere Erwähnung findet zum einen der erregende Kontrast von zartem Innen und krossem Außen und zum anderen ein wenigstens in der Andeutung herzhaft animalisches, süßliches Aroma, das den gerösteten, mit Butterfett, Schmalz oder Pflanzenöl vollgesogenen Semmelbröseln Paroli zu bieten vermag. Dass es auch Exemplare vom Hähnchen gibt, von der Pute, seltener von Leberkäse und Jagdwurst oder aber aus Sellerie, verschwindet ebenso hinter der Debatte wie die Frage, was ein Schnitzel überhaupt ausmacht.
Weniger Fleisch gehört heute zum guten Ton
Offenkundig ist es nicht an das Fleisch bestimmter Tiere gebunden. Vielmehr beschränkt sich der Begriff erst einmal auf Form und Format. Deshalb wird ein unregelmäßiges Oval in der Portionsgröße eines herkömmlichen Tellergerichts, dessen Zubereitung in der Pfanne nur wenig Zeit beansprucht, als Schnitzel tituliert. Ob die in der Regel zwischen 150 und 200 Gramm wiegende Tranche vor dem Backen in Paniermehl gewendet wird oder bloß in Weißmehl oder aber ganz ohne Getreidehülle auskommt, liegt im Ermessen der Küche. Noch nämlich hat die geläufige Praxis, die der Wiener Tradition zu verdanken ist, zu keiner Norm geführt. Deshalb dürfen sogar Gerichte den vielversprechenden Namen tragen, die vollständig auf Fleisch verzichten. Von selbst versteht es sich jedoch, dass auch vegetarische und vegane Varianten den Zähnen einen gewissen Widerstand bieten sollten.
Die pflanzliche Variante gehört nicht gerade zu den Paradegerichten der vegetarischen Tradition. Wirklichkeit wird ihr verliehen mit Hilfe von Soja- und Weizenproteinen, Getreidestärke, Binde- und Quellmitteln, Faser- und Füllstoffen, diversen Aromen sowie pflanzlichen Fetten. Das relativ neutrale Kunstfleisch ordnet sich der Panierung noch mehr unter, als das bei herkömmlichen Schnitzeln ohnehin der Fall ist. Seine rösche Rinde aus Brotkrumen knackt zwischen den Zähnen, massiert die Zunge und gibt dabei das klassische Pfannenaroma frei, häufig noch akzentuiert von Zitronensaft.
Note 1
Veganz Veganes Schnitzel Klassik, 200 g, 2,99 Euro; Biomarkt, www.vekoop.de
Note 2+
Like Meat Like Schnitzel, 180 g, 2,99 Euro, Edeka, Rewe
Note 2
Valess 2 x Vegetarische Schnitzel, 180 g, 3,49 Euro; Edeka, Galeria Markthalle, Rewe
Note 2-3
Hermann Schnitzel ohne Fleisch, 200 g, 4,99 Euro; Biomarkt
Note 3
Vemondo Vegane Mini-Schnitzel Classic, 300 g, 1,99 Euro; Lidl
Note 3-
Rügenwalder Mühle Vegane Mühlen Schnitzel, 180 g, 2,79 Euro; Edeka, Rewe etc.
Note 3-4
Garden Gourmet Vegetarische Schnitzel, 180 g, 2,79 Euro; Edeka, Rewe etc.
Note 4-
The Vegetarian Butcher Wie‘n Schnitzel, 180 g, 2,99 Euro; Kaufland, Rewe
Note 4-5
Vantastic Foods Schnitzel Classic vegan, 200 g, 2 Stück 2,99 Euro; Hit Markt, Rewe, Kaufland
Note 5
Mein Veggie Tag Vegane Bio Schnitzel, 175 g, 1,99 Euro; Aldi
Dennoch vermag dieses auffälligste Attribut die Aufmerksamkeit nicht ganz vom synthetischen Kern abzulenken. Auch wenn die Hersteller alles tun, um das Bedürfnis nach dem Geläufigen nicht zu brüskieren, entscheidet letztlich dessen Zugänglichkeit über den Erfolg eines Veggie-Schnitzels. Dass mehrmals im Jahr nun neue fleischfreie Schnitzel in die Kühlvitrinen der Supermärkte gelangen und dort mit demselben Aplomb präsentiert werden wie herkömmliche Lebensmittel, ist Ausdruck eines mächtigen Trends, der immer weitere Kreise zieht.
Während die vegetarische Ernährungsweise vor fünfzig Jahren noch etwas Sektenhaftes an sich hatte, gehört es heute zum guten Ton, zumindest phasenweise Fleisch und tierische Produkte überhaupt von der Tafel zu verbannen. Ethische Motive und gesundheitliche Impulse aufseiten der Verbraucher verschränken sich hier mit dem Geschäftssinn von Nahrungsmittelfabrikaten. Ihnen gelingt es nicht selten, kostengünstig erzeugte Plagiate zum Preis der Originale unter die Leute zu bringen.
Echter als im „April“ kann es kaum sein. Nach allen Regeln der Zunft backt die Berliner Restaurant-Chefin Pamela Strohschein seit nunmehr schon einem Vierteljahrhundert ein deftig-duftiges Schnitzel, für das Gäste aus allen Bezirken anreisen. Die Wellen und Blasen der Panierung zeigen an, dass das Fleisch korrekt souffliert wurde. Mit dem ersten Biss durch die rösche Hülle und das saftige Fleisch vom Jungschweinrücken breitet sich wohliges Behagen aus – und mit ihm die Erkenntnis, dass nur ein absolut frisch zubereitetes Schnitzel hohen Genuss gewährt. Bei Fertigschnitzeln muss man Abstriche machen. Mit der „April“-Wirtin und ihrem Kollegen Stephan Hentschel von Berlins einzigem vegetarischen Sterne-Restaurant „Cookies Cream“ haben wir versucht, herauszufinden, wie nah oder wie weit Veggie-Schnitzel von ihrem großen Vorbild entfernt sind.